Modeschöpfer Hanns Friedrichs: Hungrig nach neuer Kleidung

Stand: 15:08 Uhr Autorenfoto Dr. Hoffmanns Redakteurin Kultur Hanns Friedrichs mit Mitarbeitern bei der Vorbereitung einer Modenschau, um 1952 Quelle: Stadtarchiv Hagen Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen. Podcast freigeben Hanns Friedrichs schmückte die Damen der Nachkriegsgesellschaft: Eine Ausstellung im Emil Schumacher Museum in Hagen präsentiert die modischen Kreationen des Düsseldorfer Couturiers. Anzeige Anzeige

Von der grün und lila karierten Jacke aus Kaschmir schwärmt Helga Klein noch heute. Die gewagte Farbkombination, und ebenso die edle Wolle und präzise Verarbeitung, sei für die Nachkriegszeit eine kleine Sensation gewesen, sagt die ehemalige Assistentin des Modeschöpfers Hanns Friedrichs. Eine so exklusive Bekleidung sei bei den Damen sehr begehrt gewesen, ebenso wie Friedrichs’ Abendkleider aus Lurex, Jackenkleider aus Georgette, Bouclé-Mäntel mit Cape-Ärmeln oder Kostüme mit aufgebügelten Swarovski-Steinen.

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Ein halbes Jahrhundert lang, von 1949 bis 1999, entwarf Hanns Friedrichs unter seinem Kürzel HF in seinen Werkstätten in Hagen und Düsseldorf Garderobe für Frauen in Deutschland, die, glaubt man der Aussage eines Mitarbeiters von Christian Dior von 1949, „im Allgemeinen schlecht gekleidet waren“. Doch während Couturiers wie Dior, Balenciaga oder Cardin in Paris, Mailand und New York mit ihren Kreationen Weltruhm erlangten, verschwand der Name Hanns Friedrichs nach dessen Tod im Jahr 2012 aus dem Gedächtnis der Modewelt.

Eine Ausstellung im Emil-Schumacher-Museum in Hagen soll das ändern. Dort startete man einen Aufruf an die Bevölkerung, um möglichst viele Kleidungsstücke des Modeschöpfers präsentieren zu können. Ohne die Hilfe Helga Kleins und ihrer Kollegin, der Direktrice Monika Benscheidt, wäre die Schau nicht so gut bestückt zustande gekommen. Denn nach dem Tod ihres Chefs hatten die beiden viele Stücke retten können. Auch ehemalige Kundinnen durchforsteten ihre Kleiderschränke und brachten Brautkleider, Hosenanzüge, Kostüme und Mäntel ins Museum. Einhundert HF-Kreationen aus fünf Jahrzehnten sind dort zu sehen.

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Hanns Friedrichs war gerade einmal 21 Jahre alt, als er sein erstes Modeatelier in Hagen eröffnete. Nur ein Jahr später gründete der gelernte Schneider einen weiteren Standort in Düsseldorf. In der rheinischen Metropole war 1949 die Modemesse Igedo gegründet worden, die ersten Models zeigten auf der Königsallee die neuesten Kreationen aus Paris. In jener Zeit waren „alle ganz hungrig nach neuer Kleidung“, erinnerte sich Friedrichs später. Die Frauen „wollten einfach schön sein – nach den Kriegsjahren in Grau“. Der Jungunternehmer folgte seinem Gespür, nähte gegen die Tristesse – und hatte Erfolg. Fünf Jahre nach seinem Start beschäftigte er bereits 40 Näherinnen.

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Doch was machte die Entwürfe des „Dior am Rhein“, wie er häufig genannt wurde, so begehrenswert? In den ersten Jahren waren die Kleider noch schlicht und gradlinig geschnitten, die Farben gedeckt. Mit dem wirtschaftlichen Erstarken der Bundesrepublik fanden die Frauen den Mut, sich herauszuputzen. Friedrichs’ Schnitte wurden gewagter, die Stoffe edler, die Farben brillanter, Stickereien und Spitzen kostbarer.

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Die deutsche Gesellschaft investierte in Eigenheime, Autos und Reisen. Große Gesellschaften wurden wieder gegeben, und Friedrichs entwarf dafür modische Outfits. Die Damen zeigten sich im blauen Organzakleid mit Bolero, im Hosenanzug mit Paillettenspitze, im Rock aus Brokat mit grünen Metallfäden. „Unsere Modelle waren Hingucker“, sagt Monika Benscheidt. So wie das Abendkleid mit opulenten Sonnenblumen. Getragen hat es Katharina Löring, die Ehefrau des verstorbenen „Jean“ Löring, einst Präsident des Fußballklubs Fortuna Köln. Mit derart großen Blumen konnte sie ihren Mann locker ins Abseits stellen. Dennoch: Eine markenprägende Handschrift, die sich internationale Modeschöpfer wie Jean-Paul Gaultier, Alexander McQueen oder Vivienne Westwood erarbeitet haben, lässt sich bei Friedrichs schwer erkennen. „Darum ist es ihm auch nie gegangen“, sagt Helga Klein. Obwohl er gut über die aktuelle Modeszene informiert gewesen sei, habe er mit seinen Entwürfen die Pluspunkte der Frauen herausarbeiten wollen – nicht den Zeitgeist. „Ich mache keine Mode, ich ziehe Frauen an“, lautete sein Credo.

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Sein Modeunternehmen sei wie eine große Familie gewesen. Das habe für die Mitarbeiterinnen ebenso gegolten wie für die Kundinnen. Häufig vertrauten diese ihm Familiengeschichten an, die guten wie die schlechten. „Viele Frauen waren noch bis in die 80er-Jahre nicht gewohnt, ernst genommen zu werden“, sagt die Assistentin des Modeschöpfers. Friedrichs achtete seine Kundinnen sehr und versuchte, deren weibliches Selbstwertgefühl durch ein avantgardistisches Outfit zu stärken. Mit Erfolg.

Rund 200 Stammkundinnen fühlten sich jahrzehntelang von HF-Entwürfen gut angezogen. Viele kauften regelmäßig auf den Modeschauen, die zweimal im Jahr stattfanden, zwischen sechs und zwölf Teile. Die Düsseldorfer Galeristin Ute Eggeling erinnert sich, dass ihre Mutter jede Saison HF-Neuheiten kaufte und dass sogar zweimal im Jahr eine Schneiderin ins Haus kam, um zu prüfen, ob die Stücke aus den vergangenen Kollektionen noch tadellos saßen.

Hanns Friedrichs vor seinen Modeskizzen, um 1953 Quelle: Nachlass Friedrichs

Denn generell war bei Hanns Friedrichs jeder Entwurf dem Körper seiner Trägerin angepasst. Prêt-à-porter, Teile von der Stange, lehnte er ab. Ein solcher Luxus spiegelte sich in den Preisen. Ein Kostüm oder ein Hosenanzug kosteten rund 2000 Mark, die Abendkleider waren Einzelanfertigungen mit Preisen ab 4000 Mark. Bei Konkurrenten wie Dior oder Chanel hätte man das Doppelte zahlen müssen, räumt Helga Klein ein.

Moderate Preise

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Dass die Preise für Friedrichs’ Maßarbeit im Vergleich mit den großen Modehäusern moderat waren, lag auch daran, dass er nicht mit Zwischenhändlern arbeitete und kaum Werbung machte. Zwar wurden seine Modeschauen fotografiert, doch diese Aufnahmen hatten allenfalls die Qualität von Schnappschüssen. „Mehr brauchen wir nicht“, habe er immer gesagt, so erzählt Monika Benscheidt. „Er wollte keinen größeren Kosmos, weil er vom Stoffeinkauf bis zur Modeschau alles selber in der Hand halten wollte.“

Dieses Vorgehen wurde zunehmend unzeitgemäßer, und während jüngere deutsche Modemacher wie Jil Sander und Karl Lagerfeld international reüssierten, blieb Hanns Friedrichs in seinem heimischen Kokon. Da nützte es auch wenig, dass der Tausendsassa gemeinsam mit seinen Mannequins auf dem Laufsteg defilierte – und das nicht nur am Ende einer Schau, um sich vom Publikum feiern zu lassen. Der passionierte Karnevalist gönnte sich dabei selbst bis zu 30 Auftritte – mit jeweils neuem Outfit. Möglicherweise, sagt Helga Klein, sei das eigentliche Können Friedrichs’ deswegen nicht richtig bewertet worden. Die Ausstellung in Hagen ist ein erster Schritt, das zu ändern.

Bis zum 12. März 2023; Emil-Schumacher-Museum Hagen, Infos zu Öffnungszeiten unter Tel.: 02331 – 3 06 00 66

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