Vermeintlich unscheinbarer Grabstein: Dahinter steckt eine dramatische Geschichte

Die Prostituierte Rosemarie Nitribitt aus Düsseldorf zählte berühmte Männer aus Politik und Wirtschaft zu ihren Kunden. Ihr Leben, das sogar verfilmt wurde, endete schrecklich früh.

Düsseldorf – Als Rosemarie Nitribitt mit gerade einmal 24 Jahren stirbt, wird ihr Name über Nacht deutschlandweit bekannt: Die junge Frau, die als Prostituierte arbeitete und berühmte Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik zu ihren Kunden zählte, wurde brutal ermordet in ihrer Frankfurter Wohnung aufgefunden. Der Mordfall ist bis heute, über 60 Jahre später, noch immer ungeklärt.

Grab von Rosemarie Nitribitt.Die 1957 ermordete Rosemarie Nitribitt wurde auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof beigesetzt. © Fredrik von Erichsen/dpa

Rosemarie Nitribitt: Ihr Grab in Düsseldorf ist eine „historische Sehenswürdigkeit“

Wer das Grab von Rosemarie Nitribitt besuchen will, muss jedoch nicht nach Frankfurt, sondern nach Düsseldorf fahren, zum Nordfriedhof im Stadtteil Derendorf – dem größten Friedhof der Landeshauptstadt von NRW.

„Nichts Besseres darin ist denn Fröhlichsein im Leben“ steht auf dem einfachen Grabstein geschrieben, darunter „Rosemarie Nitribitt, 1. 2. 1933, 1. 11. 1957.“ Das dramatische Leben der jungen Frau bewegte seinerzeit die Republik so sehr, dass ihre Biografie heute auf dem Online-Portal des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn detailgenau nachzulesen ist.

Rosemarie Nitribitt: Schon als junges Mädchen arbeitete sie als Prostituierte

Rosemarie Nitribitt wurde im Februar 1933 in Düsseldorf geboren. Die Welt hatte noch immer mit den Folgen einer Weltwirtschaftskrise zu kämpfen, und die Nationalsozialisten hatten gerade die Macht an sich gerissen. Als uneheliches Kind einer noch minderjährigen Mutter hatte Rosemarie schwere Voraussetzungen für ihren Start ins Leben. Sie wuchs zunächst in Ratingen auf, lebte dann aber bereits ab 1938 erst in einem Kinderheim, ein Jahr später kam zu sie einer Pflegefamilie in die Eifel.

Rosemarie Nitribitt gilt als bekannteste Prostituierte Deutschlands. © ZUMA/Keystone/Imago

Als Elfjährige wurde sie vergewaltigt – der Täter blieb ungestraft. Als Rosemarie Nitribitt 13 Jahre alt war, freundete sie sich mit zwei Frauen an, die als Prostituierte arbeiteten – Nitribitts erster Kontakt ins Rotlichtmilieu. Gegen Kriegsende begann sie dann mutmaßlich, mit Prostitution Geld zu verdienen.

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In Frankfurt stieg Rosemarie Nitribitt zur „Edelprostituierten“ auf

In den folgenden Jahren kam sie immer wieder in Polizeigewahrsam, war kurzzeitig in Haft. Ab den 1950er Jahren lebte sie vollständig in Frankfurt und arbeitete dort zunächst als Kellnerin, dann Vollzeit als Prostituierte.

Mit Pudel und Mercedes: Rosemarie Nitribitt konnte sich durch ihre Einnahmen als Prostituierte bald einiges leisten. © DB UPI/dpa

In Frankfurt machte sie Bekanntschaft mit hochrangigen Männern aus Politik und Wirtschaft. Um in den Promi-Kreisen zu bestehen, lernte Nitribitt mehrere Sprachen, belegte Benimmkurse. Mit Geschenken und Geld, das sie von den wohlhabenden Männern nahm, konnte sich Rosemarie Nitribitt einen recht exquisiten Lebensstil leisten. Ihre Markenzeichen in Frankfurt: Ein Pudel und einen mit roten Ledersitzen ausgestatteten Mercedes.

Tod mit nur 24 Jahren: Mord an Rosemarie Nitribitt bis heute ungeklärt

Am 1. November 1957 wurde Nitribitt tot in ihrer Frankfurter Wohnung gefunden, vermutlich lag sie dort schon einige Tage, als offizieller Todeszeitpunkt gilt der 29. Oktober.

Die folgenden polizeilichen Ermittlungen waren von „gra­vie­ren­den Feh­lern“ gekennzeichnet – so schreibt es das LVR-Portal. So sollen Sei­ten aus den Er­mitt­lungs­ak­ten ver­schwunden worden sein – vielleicht, um ihre Freier aus einflussreichen Kreisen zu schützen.

Wer? Rosemarie Ni­tri­bitt
Geboren am 1. Februar 1933
Gestorben vermutlich am 29. Oktober 1957
Bestattet Nordfriedhof Düsseldorf-Derendorf

Ein Verdächtiger wurde 1960 aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Damit schloss sich die Akte. Bis heute wurde der Mord an Rosemarie Nitribitt nicht aufgeklärt. Sie wurde in ihrer Geburtsstadt Düsseldorf beigesetzt – allerdings ohne ihren Kopf.

Denn der war zu Beweiszwecken in Frankfurt geblieben und wurde später im Frankfurter Kriminalmuseum aufbewahrt. Erst im De­zem­ber 2007 gab die Frank­fur­ter Staats­an­walt­schaft Schä­del frei. Am 10. Februar 2008 wurde er ih­rem Grab auf dem Düs­sel­dor­fer Nord­fried­hof bei­ge­setzt.

Leben der Rosemarie Nitribitt mehrfach verfilmt

Dass Rosemarie Nitribitt gerade nach ihrem Tod bundesweite Bekanntheit erreichte, hatte sowohl mit der medialen Berichterstattung als auch mit der filmischen Auseinandersetzung ihres Lebens zu tun. Bereits 1958 kam der erste Film, basierend auf dem Leben von Rosemarie Nitribitt, ins Kino. „Das Mädchen Rosemarie“ wurde zum umsatzstärksten Kinofilm der Saison 1958/59 und lief in ganz Europa, Nordamerika und Israel.

Das Leben der Rosemarie Nitribitt wurde mehrfach verfilmt: 1996 kam ein Film mit dem Titel „Das Mädchen Rosemarie“ von Bernd Eichinger ins TV. © Wolfgang Maria Weber/IMAGO

Das dazu erschienene Buch „Rosemarie. Des deutschen Wunders liebstes Kind“ von Erich Kuby wurde in 14 Sprachen übersetzt. Es gab sogar eine Fortsetzung: Der zweite Film, „Die Wahrheit über Rosemarie“, der nur ein Jahr später erschien, wurde jedoch ein Misserfolg.

Popkulturelle Wiederauflage: Das Leben der Rosemarie Nitribitt in Buch und Film ist bis heute populär

Erst in den 1980er Jahren traute sich ein Regisseur erneut an die Geschichte: „Die Nitribitt. Ein Mord und viele Täter“ von Samuel Schirmbeck sahen 1986 rund acht Millionen Menschen. 1996 kam ein Remake des ersten Filmes aus den 50er Jahren ins Kino. Rosemarie Nitribitt wurde damals von Nina Hoss verkörpert. Zwei Jahre später, 1998, erschien ein weiteres Buch: „Edelhure Nitribitt: Die Rosemarie aus Mendig“ von Martina Keiffenheim. In diesem Jahr wurde es als Neuauflage herausgegeben. Denn: 2023 wäre Rosemarie Nitribitt 90 Jahre alt geworden. (mira) Fair und unabhängig informiert, was in Köln, Düsseldorf und NRW passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.

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