Robert Schumann: Warum die Düsseldorfer jetzt ein Museum für den Komponisten eröffnen

Stand: 07:50 Uhr _A3A0019_andreas_fasel_wams_nrw_mo.jpg Redaktionsleiter NRW Die Schumanns schätzten die Instrumente des Düsseldorfer Klavierbauers Johann Bernhard Klems. Eines seiner Tafelklaviere (o.) steht im Museum Quelle: Silvia Reimann Düsseldorf war eine wichtige Station im Leben des Komponisten Robert Schumann und seiner Frau Clara. Ihr Verhältnis zur Stadt war schwierig. Jetzt wird in ihrer ehemaligen Wohnung auf der Bilker Straße ein lange überfälliges Museum eröffnet. Anzeige Anzeige

Der Empfang ist gelungen. Als die Eheleute Schumann mit ihren fünf Kindern am 2. September 1850 in Düsseldorf eintreffen, gibt es ein Begrüßungskomitee, Reden werden gehalten, Chor und Orchester von Robert Schumanns neuem Arbeitgeber, dem Musikverein, treten auf. Die Familie kommt vorübergehend im Breidenbacher Hof unter, einer der ersten Adressen der Stadt, schließlich hat man mit den beiden gewissermaßen ein Glamour-Paar der Musikwelt engagiert. Er: 40 Jahre alt, anerkanntes Komponisten-Genie, Urheber unzähliger Lieder, Klavier-, Kammermusik- und Orchesterwerke sowie einflussreicher Musikschriftsteller. Sie: 30 Jahre alt und die berühmteste Klaviervirtuosin der damaligen Zeit.

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Es blieb nicht alles eitel Sonnenschein, nach anfänglichen Hochgefühlen kam es zu Verstimmungen zwischen den Starmusikern und den Düsseldorfern. Und Robert Schumann bekam ernsthafte gesundheitliche Probleme. Am Rosenmontag 1854 stürzte er sich in den Rhein, überlebte den Suizidversuch und ließ sich nach Endenich bei Bonn in eine Anstalt zur Behandlung „von Gemütskranken und Irren“ bringen, wo er 1856 starb. Clara verließ im Jahr darauf Düsseldorf und zog nach Berlin.

Vielleicht ist dieses unglückliche Ende der Grund, warum die Düsseldorfer lange gebraucht haben, um dem Andenken an die Schumanns ein Museum zu widmen. Zwangsläufig würde darin ja auch zur Sprache kommen müssen, was nicht so toll lief in der Beziehung zwischen den rheinischen Frohnaturen und dem grüblerischen Sachsen.

Eines der Schmuckstücke der Sammlung: Cape aus Schwanenfedern aus dem Besitz von Clara Schumann Quelle: Silvia Reimann Anzeige

Doch nun ist es so weit. Am kommenden Wochenende soll das Schumann-Haus eröffnen. Es wird neben Museen in Zwickau, seiner Geburtsstadt, und Leipzig, wo die Schumanns einige Jahre lebten, sowie einem Museum im Bonn-Endenicher Sterbehaus das vierte Haus sein, das sich mit Leben und Werk des Romantikers beschäftigt. Besonders daran ist zweierlei: Zum einen ist das Museum in exakt dem Haus auf der Bilker Straße untergebracht, in dem die Familie die meiste Zeit ihrer Düsseldorfer Jahre verbrachte. Zum zweiten besitzt die Stadt die wichtigste und umfangreichste Schumann-Sammlung. Doch die schlummerte bislang die meiste Zeit gut versteckt im Archiv des Heinrich-Heine-Instituts, das dem Schumann-Haus schräg gegenüber liegt. Die Ausstellungsstücke müssen also keinen weiten Weg zurücklegen.

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Das gilt auch für Sabine Brenner-Wilczek: Die Direktorin des Heine-Instituts wird die Leitung des neuen Museums mit übernehmen. Sie hat vor der Eröffnung eine kleine Begehung für die WELT AM SONNTAG arrangiert. Voller Begeisterung zeigt sie Details der Bausubstanz, Farbschichten, Stuckreste, die bis auf die Zeit der Schumanns zurückgehen. „Dieses Haus ist ein wahrer Schatz der Stadt“, sagt sie. In einem der zur Straße hin gelegenen Räume im ersten Stock hält sie inne: „Wir wissen, dass hier die Gäste empfangen wurden.“ Etwa Johannes Brahms, der Geiger Joseph Joachim, die Dichterin Bettina von Arnim und und und – hier lauschten sie dem Vortrag der Gastgeber und gaben selbst etwas zum Besten.

Die Wohnung in der Bilker Straße markiert auch einen Wendepunkt im Leben Clara Schumanns. „Hier hatte sie erstmalig ein Klavierzimmer, das auf einer anderen Etage lag als das Studierzimmer von Robert“, erklärt Brenner-Wilczek. „Damit konnte sie selbst ungestört unterrichten, komponieren und üben.“ Das war wichtig für ihre Selbstbehauptung als Künstlerin neben ihrem Künstlergatten. Und es war wichtig fürs Familienbudget. Robert wurde zwar gut bezahlt, doch der riesige Hausstand war teuer. Clara musste dazuverdienen.

Die sogenannte Lästerkammer des Museums: Dort bekommt der Besucher zu hören, wie die Düsseldorfer über die Schumanns lästerten – und umgekehrt Quelle: Silvia Reimann Anzeige

Stolz ist Museumsleiterin auch auf die Exponate: Briefe, Skizzen, Notenhandschriften – „zum großen Teil haben wir hier Originale und keine Faksimiles“. Außerdem Stücke aus Clara Schumanns Besitz, die über eine Privatsammlung in den USA in den 80er-Jahren nach Düsseldorf kamen: Ringe etwa, ein Cape aus Schwanenfedern oder einer der Trauerschleier, die Clara nach dem Tod ihres Mannes bis an ihr Lebensende trug.

Dazu gibt es in der 225 Quadratmeter großen Ausstellung viele Stationen, an denen Musik gehört werden kann. Die sieben Kinder, zwei davon in Düsseldorf geboren, werden mit ihren Lebensläufen vorgestellt. Die Endenicher Krankenakte kann eingesehen werden. Eine multimediale Installation von Studenten der Düsseldorfer Kunstakademie thematisiert auf beklemmende Weise den Suizidversuch.

Und dann ist da noch die sogenannte Lästerkammer. In einem früheren Abstellraum der Wohnung, gerade groß genug für einen Stuhl, kann der Museumsbesucher Platz nehmen, dann bekommt er die bösen Sätze zu hören, die damals gefallen sind und in Briefen und Tagebucheinträgen festgehalten wurden. So wird deutlich, wie tief die Zerrüttung zwischen Schumann und dem Musikverein am Ende gewesen sein muss. Das Paar klagt immer wieder über die Unaufmerksamkeit und Schwatzhaftigkeit der Chor- und Orchestermitglieder, denen es im Übrigen nicht nur an Können, sondern auch an Fleiß mangele.

Das Haus in der Bilker Straße: Hier wohnten Clara und Robert Schumann mit ihren Kindern ab 1852. Von der Bausubstanz ist noch vieles aus der Zeit erhalten Quelle: Silvia Reimann Anzeige Anzeige

Im Gegenzug häufen sich Beschwerden über Schumanns Qualitäten als Dirigent und Führungskraft. Es fehle ihm „jede anregende Lebendigkeit, Sicherheit und Gewandtheit“. Man vermisse jedwede Form von „Chic und Schlagfertigkeit der Rede“. Seine Anweisungen in den Proben seien „unpräzise und unverständlich“, sein Sprechen „schwach und tonlos“. Kurzum: „Seine Dirigierweise ist eine Menschenquälerei.“

Was seine Musiker und Sänger, allesamt Amateure übrigens, nicht wussten: Schumann wurde in seiner Düsseldorfer Zeit zunehmend von vielerlei „Nervenleiden“ geplagt, von Schwindel, Sinnestäuschungen, Problemen mit dem Gehör. Schon 1853 sprach ein Arzt von einer „unheilbaren Geisteskrankheit“. Die Mehrheit der Schumannforscher geht davon aus, dass all dies Spätfolgen einer Syphilis waren, mit der er sich vermutlich als junger Mann angesteckt hatte. Sicher ist das freilich nicht.

„Bitte das Positive sehen“

Wer mit Manfred Hill über das Verhältnis von Schumann zu Düsseldorf spricht, blickt in ein besorgtes Gesicht. Der heutige Ehrenvorsitzende, 79 Jahre alt, trat 1966 in den Städtischen Musikverein ein, Stimmlage: Bass. Mit der Zeit seiner Mitgliedschaft deckt Hill mehr als ein Viertel der Geschichte dieser ruhmreichen Musikinstitution ab. Man kann also verstehen, dass er sich fast persönlich angegriffen fühlt, wenn von all den Anschuldigungen die Rede ist. Dass es den Düsseldorfern, die zuvor einen „Feuerkopf“ wie Mendelssohn und die anerkannte Dirigierkapazität Ferdinand Hiller als Chef erlebt hätten, nicht leicht fiel, „einen Geistmenschen“ wie Schumann zu verstehen – keine Frage. „Aber“, mahnt Hill, „man soll doch bitte das Positive sehen!“ Wie sonst könne man sich die ungeheure Produktivität erklären, die Schumann in dieser Stadt und in der Zusammenarbeit mit dem Musikverein entfaltete – gerade in Sachen Vokalmusik.

Für Hill stand seit Langem fest, dass das Haus in der Bilker Straße 15 nicht länger der Stadt als Mietobjekt dienen dürfe, sondern ein Museum werden müsse. „Seit 40 Jahren kämpfe ich dafür“, sagt Hill. „Und ich bin zu Tränen gerührt, dass es endlich wahr wird.“

Hill gehört zu den Gründern eines Fördervereins, der sich zunächst um die Wiedererrichtung eines alten Mendelssohn-Denkmals kümmerte, das von den Nazis abgerissen worden war. „Und als dieses Denkmal 2012 wieder stand, haben wir uns dem Schumann-Haus zugewandt.“ 940.000 Euro an Spenden sammelte der Verein, 370.000 Euro kamen von der NRW-Stiftung für die Sanierung, weitere 100.000 Euro von einer privaten Stiftung. Den Rest des insgesamt 7,7 Millionen Euro schweren Investitionsvolumens trägt die Stadt. Mit Blick auf die Musikgeschichte lässt sich sagen: Das ist für die Schumanns durchaus angemessen – auch wenn sie damals nicht den erhofften Glamour nach Düsseldorf gebracht haben.

Zur Eröffnung des Schumann-Hauses gibt es vom 1. bis 3. Dezember ein Begleitprogramm im Konzertsaal des benachbarten Palais Wittgenstein. Infos dazu gibt es hier.

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