Fitness: Warum Sportkurse an der Volkshochschule völlig unterschätzt sind

Stand: 11:38 Uhr Auch Yoga gehört an vielen deutschen Volkshochschulen zum Angebot Auch Yoga gehört an vielen deutschen Volkshochschulen zum Angebot Quelle: Getty Images/Tom Werner Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen. Podcast freigeben Manche Fitnessstudios verlangen ein Vermögen für ihre Kurse. Nicht so die städtischen Einrichtungen zur Erwachsenenbildung. Zwar fehlen schicke Geräte ebenso wie Swimmingpool und Sauna. Und doch sprechen etliche Gründe fürs Fitwerden an der VHS. Anzeige Anzeige

Es soll ja Menschen geben, die eine warme Flut von Dopamin und Serotonin segnet, wenn sie Sport treiben. Die ein Hochgefühl nach ihrem Box-, Basketball- oder Tanztraining empfinden, als gäbe es nichts Besseres im Leben als Bewegung. Deren gesamter Körper eine Art wohlwollendes Signal sendet nach dem Motto: Hat sich doch mal wieder gelohnt, kann die nächste Einheit kaum erwarten!

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Bei mir tut sich nichts.

Wie eine Kartoffel, die 40 Minuten im sprudelnden Wasser kocht und trotzdem ihren Aggregatzustand nicht ansatzweise verändert, verlasse ich seit Jahren Schwimmbecken, Tennisplätze und Yoga-Studios. Meine Physis zeigt sich ob all der Anstrengung kaum beeindruckt.

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Trotzdem, eh klar, schadet ein wenig körperliche Betätigung zum Erhalt der Gesundheit nicht – erst recht mit einem klassischen Schreibtischjob. Gleichzeitig entschied ich vor einer Weile, weniger Geld für die regelmäßige Fitness ausgeben zu wollen; der Spaß (beziehungsweise der fehlende) sollte kein Vermögen mehr verschlingen.

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So stieß ich auf das Angebot der örtlichen Volkshochschule (VHS). Diese stehen als gemeinnützige Einrichtungen deutschlandweit „für ein vielfältiges Bildungsangebot, für verlässliche Qualität, Offenheit für alle Bürgerinnen und Bürger sowie für bezahlbare und sozial gestaltete Preise“. So schreibt es die VHS Düsseldorf auf ihrer Homepage.

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Knapp 200 Kurse bietet allein die VHS in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt im Bereich Gesundheit und Bewegung an; über alle Volkshochschulen bundesweit gilt: Circa 33 Prozent aller Kurse fallen in die Kategorie Sport, gibt Sabrina Basler vom Deutschen Volkshochschul-Verband in Bonn an. Zumeist ähnelt das Angebot jenem privat geführter Studios à la Fitness First, Urban Sports Club und Co. – von Entspannungstechniken über Fechten, Feldenkrais und Karate bis hin zum Kajakfahren. Von Wassergymnastik über Bewegung für den Beckenboden, Badminton und Bogenschießen bis zum Zumba-Tanz.

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Die Angebote finden die ganze Woche über statt, zu verschiedensten Uhrzeiten, für jedes Level und mit unterschiedlichen Längen (Schnupper- und Wochenend-Seminar, Workshops, Bildungsurlaub und mehrwöchige Kurse) – und vor allem: für einen Bruchteil dessen, was das Cycling-Studio verlangt, mit dem ich trotz genannter finanzieller Vorsätze kurzzeitig geliebäugelt hatte.

850 Volkshochschulen mit rund 2800 Außenstellen finden sich in Deutschland. Auf dem Foto zu sehen: die VHS im nordrhein-westfälischen Krefeld Quelle: picture alliance/imageBROKER/Olaf Döring

In der VHS zahle ich für drei Monate Fitnessgymnastik mit einer 60-Minuten-Einheit pro Woche gerade mal so viel wie für zwei (!) Sessions im erwähnten Radsport-Tempel. Oder heruntergerechnet: Eine Unterrichtsstunde von 45 Minuten beim VHS-Sport kostet im Durchschnitt drei bis vier Euro. Für sozial benachteiligte Menschen, Senioren oder schwerbehinderte Menschen bieten viele Volkshochschulen noch mal zusätzlich ermäßigte Preise an, weiß Basler vom VHS-Verband.

Ein echtes Schnäppchen und unschlagbar für ein von einem Experten vor Ort geführtes Training, finde ich. Wer zwischendurch aus welchen Gründen auch immer nicht mehr mitmachen möchte, zahlt zwar den vollen Beitrag. Ein ewiges Im-Abo-Festhängen droht aber nicht, weil der Vertrag mit jedem Kurs endet.

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Laut einer Erhebung der Plattform Statista lag der Verbraucherpreisindex für Fitnessstudio-Gebühren in Deutschland im Jahr 2023 übrigens bei 108,5. Heißt: Die Preise – durchschnittlich 45 Euro pro Monat – sind seit 2020 um mehr als acht Prozent gestiegen.

Kein Getue, nur Konzentration aufs Wesentliche

Dafür fehlt in der VHS Düsseldorf das hochmoderne Ambiente. Es muss ein einfacher, aber in gutem Zustand befindlicher Raum mit großem Ballettspiegel in einem Gebäude hinter dem Hauptbahnhof reichen. Ähnliches gilt auch für andere Volkshochschulen in der Bundesrepublik, die entweder über eigene Räumlichkeiten verfügen oder wegen hoher Nachfrage nach Sportkursen externe anmieten. „Gerade in größeren Städten bemühen sich die VHS im Regelfall, nicht nur an einer zentralen Stelle Kurse anzubieten, sondern diese an verschiedenen Standorten im Stadtgebiet zu verteilen, damit die Menschen möglichst kurze Wege haben“, erläutert Basler.

Handtücher bringt jeder selbst mit, ebenso wie Getränke, die es in schicken Studios kostenlos und mit Zitronenscheiben und Minzblättern verfeinert gäbe. Schlichte Gummibälle und Hula-Hoop-Reifen ersetzen mehrere tausend Euro teure, aber in gewöhnlichen Fitnessstätten womöglich auch oft besetzte Geräte. Schön schwitzen nach dem Schwitzen? Die Sauna suche ich (ebenso wie Duschen) vergeblich. Aber all das braucht es für die Muskelstimulation auch nicht.

Meine Matte, die an einer Seite schon an Material einbüßt, weil vor circa zehn Jahren für sieben Dollar auf dem Grabbeltisch eines US-Supermarkts gefunden, passt perfekt in die Umgebung. Alles nicht mehr ganz neu, aber noch durchaus funktionsfähig. Mancher Uni- oder Vereinssport, hörte ich, findet in deutlich herausforderndem Ambiente statt. Deutsche Turnhallen: oft ruinenähnlich.

Montagabend, 18 Uhr, Fitnessgymnastik (Symbolbild) – einer von mehr als 200 Kursen, den allein die VHS in Düsseldorf anbietet Quelle: Unsplash.com/Geert Pieters

Bei meinem Fitnesskurs, montagabends, 18 Uhr, gehen noch (maximal) zehn andere Teilnehmer an den Start (also kein Gedränge im Raum), fast alle über 50, also 15 Jahre älter als ich. Was ich an ihnen neben ihrer aufgeschlossenen Art besonders schätze: Es gibt kein Getue. Niemanden interessiert es, ob jemand in der neuesten Lululemon-Kollektion auftaucht oder in der Jogginghose, die schon die Wende miterlebte.

Hier erfolgt die Konzentration aufs Wesentliche. Einziges Ziel: fit bleiben und Spaß dabei empfinden. „Die soziale Interaktion, die sich in Sport- und Bewegungskursen ergibt, ist meist der eigentliche gesunde Erfolgsfaktor“, weiß Falk Velten, der sich auf Anfrage im Namen der Stadt Düsseldorf zu deren VHS-Angebot äußert.

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Natürlich hängt Ambition nicht zwingend mit den absolvierten Lebensjahrzehnten zusammen. Aber in anderen Studios, meine ich jedenfalls, schielt vor allem das jüngere Publikum mehr nach rechts und links. In der VHS spielt die Größe der Muckis die geringste Rolle.

Junge Leute suchen sich ihre Kurse im Netz

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Viele Volkshochschulen kämpfen aber tatsächlich genau deswegen mit dem Klischee, eine Klientel im Frührentenalter anzusprechen. Falk Velten schränkt ein: Die Volkshochschule sehe Teilnehmende aller Altersklassen, „obwohl sie in der Generation 45 plus deutlich bekannter ist. Durch neue, moderne Angebote zu späteren Uhrzeiten möchten wir nun auch die junge und berufstätige Zielgruppe gezielt ansprechen.“ Beginne eine Veranstaltung vor 19, 20 Uhr, besuchten sie eher ältere Teilnehmende. „Abends und am Wochenende sprechen wir jüngere und berufstätige Interessierte stärker an.“

„Die meisten Teilnehmer der Kurse sind aber tatsächlich noch 45 und älter“, merkt Veronika Bork an. Sie leitet seit 2001 nebenberuflich Sportkurse an der Volkshochschule in Düsseldorf. Wie Bork verdienen die meisten Trainer ihr Geld mit einem anderen Job, der Tätigkeit an der VHS gehen sie für ein Stundenhonorar wohl vor allem aus stets wahrnehmbarer – und für mich ansteckender – Begeisterung nach. Auch das empfinde ich als Pluspunkt gegenüber den üblichen Angeboten gängiger Fitnessstudios. Manche meiner Gymnastik-Mitstreiter am Montagabend nehmen schon seit zwei Jahrzehnten an Borks Kursen teil.

Quelle: Infografik WELT

Bork glaubt, dass ein Grund für die fehlenden Anmeldungen jüngerer Menschen in der wenigen Werbung liegt, die die Städte für die Kurse schalten. Ein Plakat hier und da reiche im Zweifel nicht aus, zumal die Onlinekataloge, die die entsprechenden Kurse auflisten, eher wie das, ja, Angebot einer deutschen Behörde anmuten. „Abgesehen davon suchen sich viele ihre Kurse im Netz.“

Klar, das ist ein Vorteil: Klappe ich den Laptop zu Hause auf, um mir bei YouTube ein Pilates-Video zu suchen, zahle ich im Zweifel kein Geld und spare mir den Anfahrtsweg. Wenn mir der Sinn danach steht, wäre es auch möglich, um 22 Uhr auf die Matte zu gehen, statt pünktlich um 17.30 Uhr – und damit zur Rushhour – mit der Straßenbahn Richtung VHS zu fahren.

Auch die lange Pause, die sich bei Volkshochschulen universitätsähnlich in Semesterferien einteilt, empfinde ich als wenig ideal. Gerade halbwegs fit, müssen wir uns nach drei bis vier Monaten wieder für rund acht Wochen voneinander verabschieden. Mein gebuchter Pilates-Kurs fiel zuletzt komplett flach. Nach Erfahrung des VHS-Verbands in Bonn stelle das Nichtzustandekommen insbesondere von Kursen im Bewegungs- und Sportbereich aber, wie erwähnt, „ein seltenes Problem“ dar. Da hatte ich wohl einfach Pech.

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Fest steht: Auch in Zukunft möchte ich nicht mehr auf meinen Fitnesskurs verzichten. Denn, nein, mein Körper sendet leider noch immer kein wohlwollendes Signal nach dem Motto: Hat sich doch mal wieder gelohnt.

Meine Psyche aber. Sie kann die nächste Einheit kaum erwarten.

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