Glücksspiel: Anbieter neuer Lotterien auf dem Vormarsch

Veröffentlicht am 16.04.2024 Millionen Glücksspieler setzen in Deutschland jede Woche große Hoffnungen in die offizielle Ziehung der Lottozahlen. Millionen Glücksspieler setzen in Deutschland jede Woche große Hoffnungen in die offizielle Ziehung der Lottozahlen. Quelle: dpa Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen. Podcast freigeben Staatliche Anbieter wie WestLotto sehen sich durch die Öffnung des Marktes bedroht. Die neuen Online-Konkurrenten sitzen zumeist im Ausland. Die jüngste Zulassung des Anbieters Lottoland hält ein Düsseldorfer Glücksspielexperte für angreifbar. Das Unternehmen mit Sitz in Gibraltar weist alle Vorwürfe zurück. Anzeige Anzeige

Auf einer Internetseite von Lottoland wird der Besucher mit der Überschrift „Welcome to the land of happiness“ begrüßt. Das Foto dazu zeigt einen zufriedenen Senioren, der auf einem Schwimmreifen in türkisblauem Meer dahintreibt. Es könnte sich gut um einen Küstenabschnitt bei Gibraltar handeln, denn dort wurde Lottoland 2013 gegründet. Seit Jahren drängt der Vermittler auf den deutschen Glücksspielmarkt, lange innerhalb einer Grauzone.

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Seit dem 19. März aber ist die Lottoland Deutschland auf der „White List“, einem Überblick der erlaubten Anbieter, der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) zu finden – nachdem die Behörde noch im Oktober 2022 Internet-Provider zur Sperrung der Seiten der Lottoland-Gruppe aufgefordert hatte.

Während man bei WestLotto noch klassisch auf Scheinen „tippen“ kann, bieten die neuen Anbieter ihre Glücksspiele nur online an. Quelle: obs

Mit dem Einzug auf die White List kann Lottoland in Deutschland legal Geschäfte betreiben – zumindest vorerst. Dass Lottoland im März durch die GGL lizenziert und damit in Deutschland legalisiert ist, verwundert insbesondere die größte staatliche Lotteriegesellschaft, nämlich WestLotto in Münster. „Die Geschäfte, die die Lottoland Ltd. aus dem Ausland betreibt, sind in Deutschland weiterhin nicht zulässig und auch nicht genehmigungsfähig“, sagte ein Sprecher WELT auf Anfrage. Man habe die Glücksspielbehörde mit Sitz in Halle/Sachsen-Anhalt aufgefordert, „dass dieses illegale Spielangebot nicht weiter stattfindet“. Bei WestLotto und bei anderen Anbietern wird kritisch gesehen, dass die Lottoland Holdings Ltd. seit gut 15 Jahren die hiesigen Produkte kopiert, ohne jedoch in Deutschland Steuern oder Abgaben zu zahlen. So hat Lottoland offenbar große Jackpots angeboten und das Risiko eines Hauptgewinns in Phasen der Niedrigzinsen an Versicherungen ausgelagert. Das muss die Firma wohl auch, denn sie bietet in Wirklichkeit nicht das hierzulande bekannte Lotto-Spiel an, sondern lediglich eine Wette auf diese Ereignisse.

Putzhilfe gewann 90 Millionen Euro

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Bundesweit bekannt wurde ein Fall im Jahr 2018, als in Berlin eine Putzhilfe 90 Millionen Euro bei Lottoland gewann. Bis sie aber zumindest an einen Teil des Geldes kam, musste sie geheime Verträge in Gibraltar unterschreiben, Details wurden nicht bekannt.

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Thomas Dünchheim kennt diesen Fall, der Düsseldorfer Anwalt ist Experte auf dem Gebiet des Glücksspiels. Der promovierte Jurist und Honorarprofessor an der European Business School in Wiesbaden hat vor einigen Jahren den Begriff der „schwarzen Lotteriewette“ für nicht genehmigte Angebote aus dem Ausland geprägt. „Solche Produkte sind unzulässig“, sagt Dünchheim, der früher im rheinischen Monheim der damals jüngste Bürgermeister von NRW war. Neben der öffentlich-rechtlichen Dimension des Glücksspiels gehe es hier auch um eine zivilrechtliche Dimension. Denn einerseits wüssten Gewinner bei dubiosen Anbietern nicht, ob sie ihren Gewinn auch wirklich einfordern könnten. Zudem könnten leer ausgegangene „Tipper“ ihre Einsätze auch zurückfordern, wenn die Spielverträge nicht gewesen sein sollten. „Hier könnte es sogar Massenklagen betroffener Spieler geben“, sagt der Partner der weltweit tätigen Kanzlei Hogan Lovells. Hinzu kämen auch noch eine strafrechtliche Dimension (wegen ungenehmigten Glücksspiels), eine lauterkeitsrechtliche Dimension wegen möglicher Wettbewerberklagen und schließlich eine steuerrechtliche Dimension. Hier geht es etwa um die Frage, ob die auf Malta oder in Gibraltar sitzenden Anbieter in Deutschland Mehrwertsteuer zahlen müssen.

Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Thomas Dünchheim ist Spezialist für Glücksspiel-Themen Quelle: privat

Jurist Dünchheim verweist auf einen aktuellen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Thema Sportwetten. Demnach können zahlreiche Menschen, die in früheren Jahren bei Sportwetten im Internet Verluste gemacht haben, auf Rückerstattung hoffen. Der BGH hat sich in einem Fall, den er im Mai verhandeln will, bereits deutlich auf die Seite der Spieler gestellt. Der Anbieter habe nach vorläufiger Einschätzung gegen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags in seiner Fassung von 2012 verstoßen.

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Bei staatlichen Anbietern wie Westlotto, die einen Teil ihrer Gewinne für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stellen müssen, hält man sich abseits der Proteste bei der GGL bislang zurück. Wahrscheinlich aber dürften sich demnächst Lottovermittler, wie etwa Faber Lotto-Service aus Bochum, mit Klagen gegen den Markteintritt von Lottoland und anderen Playern wehren. Das hält auch Anwalt Dünchheim für wahrscheinlich. Der neuen Glücksspielbehörde möchte der Jurist wegen der Genehmigung für Lottoland Deutschland keine schlechten Absichten unterstellen. „Die GGL hat aber wohl nicht tief genug gegraben, bevor sie Lottoland auf ihre White List gesetzt hat.“

Neue Behörde will umstrittenen Anbieter im Auge behalten

Dünchheim hält die Genehmigung der Glücksspielbehörde für eindeutig angreifbar. Im Grunde habe die neu gegründete GGL eine ähnlich zentrale Aufgabe wie die deutlich größere Bundesnetzagentur, die sich um die Bereiche Telekommunikation und Netzentgelte sowie Gas- und Strompreise kümmert. „Die GGL muss den Dingen stärker auf den Grund gehen und schauen, wer die Strippenzieher und Puppenspieler bei Lottoland und auch anderen sind“, so der Düsseldorfer Anwalt gegenüber WELT.

Die Lottoland-Gruppe mit Sitz in Gibraltar weist die erhobenen Vorwürfe zurück. „Es geht bei Lotto um erhebliche Eigeninteressen der Länder“, sagte Laura Pearson, die Sprecherin von Lottoland, WELT. Insbesondere gehe es dabei „um jährliche Einnahmen in Milliardenhöhe, aber auch um politisch besetzte Posten bei den 16 Landeslottogesellschaften sowie öffentlichkeitswirksames Regierungshandeln als Großsponsor von Sport oder Kultur“. Hieraus habe sich „ein missbräuchliches, verschwenderisches und teilweise korruptiöses Handeln entwickelt“, und das sei in Deutschland auch allen Insidern bekannt.

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Die Lottoland Deutschland GmbH habe „nach einem intensiven und langjährigen Prüfverfahren“ eine Erlaubnis von der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) erhalten. Dass dies den etablierten Anbietern nicht gefalle, sei wenig verwunderlich.

Dass die Bundesländer das Glücksspiel nicht nur als Legislative und Exekutive regulierten, sondern gleichzeitig auch als ganz wesentlicher Glücksspielanbieter, vor allem bei Lotto, tätig seien, sei der eigentliche Skandal und „stinkt seit Jahren zum Himmel“. Die deutsche Regulierung sei auch schon vielfach von der Europäischen Kommission kritisiert und vom Europäischen Gerichtshof verurteilt worden, denn beim Glücksspiel gelte übergreifend europäisches Recht, so die Sprecherin.

Allen Brancheninsidern sei klar, „dass das Lottomonopol ganz offensichtlich unionsrechtswidrig ist, nur dass es bisher noch keine Klage beim Europäischen Gerichtshof gab“. Grund hierfür sei, dass die eher staatsfreundlichen deutschen Verwaltungsgerichte dem EuGH seit über 17 Jahren keine Glücksspiel-Fragen mehr vorgelegt hätten.

Mit dem Glücksspielstaatsvertrag von 2021 sei die Inkohärenz der Regulierung noch dramatischer geworden. „Denn es wurden auf politischen Druck – und zwecks zusätzlicher Steuereinnahmen – inzwischen sogar alle gefährlichen Spiele für Private geöffnet, selbst die virtuellen Automatenspiele und Online-Poker“, so die Sprecherin. Nur das lukrative „Lotteriemonopol“ der Länder sei seltsamerweise erhalten worden, „obwohl Lotterien nachweislich das mit Abstand harmloseste Glücksspiel sind und keine Suchtgefahren erzeugen (unter 0,3 Prozent der Fälle)“.

Vor diesem Hintergrund klage die Lottoland-Gruppe derzeit in allen 16 Bundesländern auf die Erteilung von entsprechenden Zweitlotterie-Erlaubnissen, nachdem die Anträge hierzu von den Ländern einfach ignoriert worden seien, so Lottoland. Inzwischen sei sogar eine Klage Maltas bezüglich des derzeitigen Zweitlotterie-Verbots in Deutschland vor dem EuGH anhängig und werde voraussichtlich noch in diesem Jahr verhandelt.

Vonseiten der GGL hieß es dazu auf Anfrage, man habe bei der Prüfung des Antrags „keine gerichtsfesten Nachweise“ festgestellt, wonach die Lottoland Deutschland GmbH und die Lottoland-Holdings Ltd. in unrechtmäßiger Weise wirtschaftlich verbunden seien. Man werde aber im Rahmen der Aufsicht eine etwaige Verbundenheit „fortwährend“ prüfen, so eine GGL-Sprecherin.

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