Sportvereine: Wie es um den organisierten Sport in NRW steht

Veröffentlicht am 24.10.2022 Stefan Klett im Leichtathletik-Stadion Duisburg Stefan Klett, Präsident des Landessportbundes (LSB) NRW, erklärt, vor welchen Herausforderungen der Vereinssport aktuell steht Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen. Podcast freigeben Stefan Klett, Präsident des Landessportbundes, spricht im Interview über kalte und sanierungsbedürftige Anlagen sowie den Kampf gegen den Mitgliederschwund. Auch diskutiert er die integrierende Kraft von 17.700 NRW-Vereinen. Anzeige Anzeige

Das Interview mit Stefan Klett findet in Duisburg über Mittag zwischen zwei anderen Terminen statt. Der Präsident des Landessportbunds (LSB) muss danach zur Regierung nach Düsseldorf, um über die Zukunft des organisierten Sports zu sprechen. Denn nach der Pandemie bedroht die Energiekrise viele Klubs. In der LSB-Zentrale erläutert Klett die aktuellen Herausforderungen für den organisierten Sport mit landesweit rund fünf Millionen Mitgliedern.

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WELT AM SONNTAG: Herr Klett, derzeit machen die explodierenden Energiepreise auch den Sportlern massiv zu schaffen. Heruntergekühlte Schwimmbäder und kalte Sporthallen – wer kann den Vereinen helfen?

Stefan Klett: Wir versuchen zunächst einmal selber, im organisierten Sport 20 Prozent der Energiekosten in den Vereinen und Schulen einzusparen, um unseren Beitrag zu leisten. Dann geht es um mehr Eigenmitteleinsatz der Vereine, wo das machbar ist. Ein falsches Signal wäre es dagegen, in erster Linie die Mitgliedsbeiträge zu erhöhen. Denn anders als in der Pandemie sind die Menschen ja fast alle bereits finanziell durch die Energiekrise getroffen.

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WELT AM SONNTAG: Viele Vereine haben durch die Pandemie ja auch Mitglieder verloren.

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Klett: Das stimmt, wir haben zunächst etwa 166.000 Mitglieder in den Vereinen verloren. Nun sind es im Vergleich wieder rund 17.500 Mitglieder mehr, darunter vor allem Kinder und Jugendliche, eine kleine Trendwende. Durch das Modell der Gemeinnützigkeit dürfen unsere Sportvereine keine hohen Rücklagen bilden, viele sind somit schnell am Ende ihrer finanziellen Möglichkeiten. Die Puffer, die sie vielleicht hatten, sind durch Corona größtenteils verbraucht. Deshalb fordern wir neben einer allgemeinen Energiepreisbremse für die Vereine einen Rettungsschirm, wie wir ihn auch schon bei Corona hatten.

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WELT AM SONNTAG: Wie soll das konkret aussehen?

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Klett: Wir wollen keine Sonderlösung, sagen aber seit Wochen: Wenn ein Rettungsschirm kommt, dann soll der Sport auch mitbedacht werden. Und im Ende September veröffentlichten Abwehrschirm des Bundes hat es ja nun endlich geklappt, dass auch von den Vereinen explizit gesprochen wird – somit hat sich unsere intensive Lobbyarbeit in Richtung Bundes- wie Landesregierung gelohnt. Zudem müssen wir eine enge Zusammenarbeit mit den Kommunen hinbekommen. Denn von den 17.700 Vereinen im Land haben immerhin 6000 eine eigene Sportstätte, während 12.000 in kommunalen Sportstätten aktiv sind.

WELT AM SONNTAG: Viele Anlagen sind in die Jahre gekommen und müssen saniert werden. Wie wollen die Vereine das stemmen?

Klett: Wir haben zum Glück schon vom 2019 aufgelegten Sonder-Programm „Moderne Sportstätten“ der damaligen Landesregierung profitiert. Seitdem sind 300 Millionen Euro in alle Kreis- und Stadtsportbünde geflossen. Dadurch haben sich Sportvereine und Kommunen zusammengesetzt und geschaut, wo diese Mittel am besten eingesetzt werden sollten – vom sanierten Klubhaus über zeitgemäße Sanitäranlagen bis hin zu energetischen Verbesserungen. Ein solches Programm muss es in ähnlicher Weise auch künftig geben.

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WELT AM SONNTAG: Welchen gesellschaftlichen Stellenwert hat der Vereinssport noch?

Klett: Der Sportverein ist meistens die größte zivilgesellschaftliche Organisation, sowohl im Land wie auch in den Kreisen, Städten und Kommunen. Deswegen kommt ihm im gesellschaftlichen Alltag natürlich eine besondere Rolle zu. Etwa bei der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, der Inklusion bei Menschen mit Handicap und dem Einbinden von sozial Schwächeren. Das gelingt im Sport ganz wunderbar, auch ohne viele Worte, einfach mit Bewegung, Spiel und Spaß. Und es gilt für Jung und Alt, der Sport ist letztlich ein sozialer Anker, der bei den Menschen auch Zukunftsängste, wie wir sie ja derzeit verbreitet sehen, etwas reduziert.

WELT AM SONNTAG: Sie haben also besonders die Kinder und Jugendlichen im Auge?

Klett: Ja, denn hier werden die Grundlagen für ein möglichst bewegtes Leben gelegt. Wenn Kinder und Jugendliche sich sportlich ausprobieren, werden sie weniger krank, sie sind seltener übergewichtig. Wir wissen darüber hinaus, dass ihre kognitiven Fähigkeiten gesteigert werden können, wenn Bewegung im Spiel ist. Deshalb darf auch in den Schulen der Sportunterricht nicht als Erstes wegfallen, ganz abgesehen von dem unbedingt gesicherten Zugang zu Schwimmangeboten –ansonsten geht es mit der schon jetzt alarmierend verschlechterten Schwimmfähigkeit noch weiter den Bach hinunter.

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WELT AM SONNTAG: Haben Sie denn noch genug ehrenamtliche Leiter und Helfer?

Klett: Wir reden hier in NRW von etwa 500.000 Menschen, die in irgendeiner Weise ehrenamtlich aktiv sind. Etwa in Wahlfunktionen wie Vorsitzender oder Schatzmeister, oder in helfenden Funktionen. Ich denke hier an Übungs- und Jugendleiter sowie unzählige „Kümmerer“ bei Turnieren oder Fahrdiensten. Und von diesen 500.000 sind uns schätzungsweise 20 Prozent weggebrochen.

WELT AM SONNTAG: Was sind denn hier die Hintergründe?

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Klett: Da gibt es ganz unterschiedliche Gründe. Etwa, weil Menschen sich mehr der Familie oder einem Hund widmen wollen, den sie sich in der Corona-Zeit zugelegt haben. Das führt dazu, dass Vereine auch das Angebot reduzieren müssen, weil Personal fehlt. Hier versuchen wir durch Förderinitiativen und Anreize wieder Menschen zurückzugewinnen. Die etwa 80.000 Übungsleiter und Übungsleiterinnen fördern wir mit über 7,5 Millionen Euro pro Jahr.

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WELT AM SONNTAG: Auch im Sport gibt es Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Was unternimmt der LSB, um das zu verhindern?

Klett: Sport ist Teil und Spiegelbild der Gesellschaft, im Positiven wie im Negativen. Wir haben Mitte September selber die Ergebnisse einer bisher einmaligen Breitensport-Studie „Sicher im Sport“ veröffentlicht, die wir mit mehreren Landessportbünden finanziert haben. Dabei wurden mehr als 4300 Menschen und etwa 300 Sportverbände befragt – mit drei zentralen Erkenntnissen: Demnach sind Gewalterfahrungen im organisierten Sport eindeutig keine Einzelfälle, Mädchen und Frauen machen wesentlich mehr negative Erfahrungen als männliche Mitglieder. Andererseits betonten neun von zehn betroffenen Personen ihre allgemein guten bis sehr guten Erfahrungen mit ihrem Sportverein.

WELT AM SONNTAG: Und wie hilft man den Betroffenen?

Klett: Insgesamt müssen in erster Linie konkrete Anlaufstellen sowie ausgearbeitete Schutzkonzepte etabliert werden. Als LSB NRW sind wir schon seit über 25 Jahren aktiv in Sachen Prävention oder Beratung in einer Vorreiterrolle. Wir haben mittlerweile zehn Koordinierungsstellen im ganzen Land, wo Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner absolut vertraulich zur Verfügung stehen, um eventuell notwendige Schritte gemeinsam abzusprechen.

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WELT AM SONNTAG: Zum Abschluss eine Frage zu Olympischen Spielen an Rhein und Ruhr, wie ist da der Stand der Dinge?

Klett: Die nächsten Spiele sind vom IOC vergeben, von 2024 in Paris bis 2032 in Brisbane. Für 2032 hatte sich ja NRW ins Spiel gebracht, leider ohne Erfolg. Teile der Politik und des Sports diskutieren gerade wieder, für welche Spiele man sich bewerben könnte. Der Deutsche Olympische Sportbund sieht derzeit 2034 für Winterspiele oder 2036 für Sommerspiele als Möglichkeit, sich als Gastgeber zu bewerben. Wobei auch mehrere Bundesländer beteiligt sein könnten. Von Sommerspielen bei uns in NRW würden wir uns weiterhin viele positive Aspekte versprechen, hinsichtlich der Infrastruktur und auch für den Breitensport. Solche Spiele müssen in erster Linie dem Sport dienen und auf eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen.

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