Historische Bars: Von Liverpool bis Wien – Sieben historische Bars in Europa

Künstler und Kommissare, Schauspieler und Schriftsteller trafen und treffen sich gern in Bars und Kneipen mit Charakter, die zum Teil jahrhundertealt sind. Außer guten Drinks und ästhetischem Ambiente bieten sie viel Geschichte. Ein Streifzug durch sieben historische Tränken. Stand: 17:46 Uhr Hier nahmen schon die Beatles gern einen Drink: „The Philharmonic Dining Rooms“ in Liverpool Hier nahmen schon die Beatles gern einen Drink: „The Philharmonic Dining Rooms“ in Liverpool Quelle: picture alliance / empics Anzeige

Liverpool: Ein Pint mit Sir Paul

Holzgetäfelt die Wände, himmelhoch die Decke, im Zentrum eine runde Mahagoni-Theke. Wer in die tiefen Ledersessel in „The Philharmonic Dining Rooms“ in Liverpool sinkt, möchte eigentlich gar nicht mehr aufstehen, denn in schönerem Ambiente kann man kaum trinken. Seit Eröffnung im Jahr 1900 ist hier gefühlt alles wie immer schon: gemütlich, plüschig, stilvoll.

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Der gegenüber der Liverpooler Philharmonie gelegene Pub, von Stammgästen liebevoll „The Phil“ genannt, entstand zu einer Zeit, als die Stadt dank ihres Hafens großen Wohlstand genoss. Man konnte es sich leisten, bei der Ausstattung von Kneipen ähnlichen Aufwand zu treiben wie in anderen Zeiten beim Bau von Kirchen. Und ging sogar darüber hinaus: So sind die Gentlemen-Urinale pompös aus rosafarbenem Marmor gestaltet.

2020 wurde der Bau als Denkmal unter Schutz gestellt – in derselben Kategorie wie der Buckingham Palace. Neben dem Interieur versprechen 40 Sorten Gin und Pub-Klassiker wie Fish Pie und Burger schöne Stunden. Auch die jungen Beatles schauten ab und zu auf ein Pint vorbei. 2018 kam einer der vier berühmtesten Söhne der Stadt zurück: Sir Paul McCartney gab vor 60 glücklichen Gästen ein Überraschungskonzert.

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„The Philharmonic Dining Rooms“, 36 Hope Street, Liverpool-Merseyside, nicholsonspubs.co.uk

Düsseldorf: Keine Cola, kein Kölsch

Schon seit dem 17. Jahrhundert wird in dieser Traditionskneipe in der Düsseldorfer Altstadt getrunken. Doch erst als 1862 der notorisch schlecht – im lokalen Dialekt: uerig – gelaunte Bierbrauer Wilhelm Cürten übernahm, setzte sich der heutige Name „Das Uerige“ durch. Cürten richtete im Keller eine Brauerei ein und schenkte im Erdgeschoss sein stadtbekanntes obergäriges Bier aus („dat leckere Dröppke“).

Im Haus wurde 1880 der Vater von Willy Millowitsch (der sich selbst als Kölner ausgeben sollte) geboren, was die Folgerung zulässt, dass auch vermeintlich Kölner Kulturgut seinen Ursprung in Düsseldorf hat.

Nachts wird die Straße zur Kneipe: „Das Uerige“ Quelle: picture alliance / imageBROKER/Werner Dieterich Anzeige

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bau zerstört und danach wieder aufgebaut. Innen gibt es diverse Stuben im alten Stil, serviert wird Rustikales wie Spanferkelbraten mit Altbiersoße. Bekannt ist das Uerige auch wegen des rauen Charmes der im Ausschank tätigen Köbesse – so heißen die Kellner, die im Umkreis der Kneipe das Bier servieren, da der Besucherstrom sich zuverlässig bis auf die gegenüberliegende Straßenseite ergießt. Wer bei ihnen als Gast Cola bestellt oder gar Kölsch, muss sich alle Folgen selbst zuschreiben.

„Das Uerige“, Berger Straße 1, in der Altstadt von Düsseldorf, uerige.de

Paris: Ein Treff für Künstler mit Glamour

Gäste wie Oscar Wilde, Arthur Rimbaud, Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre, Ernest Hemingway, Pablo Picasso und später Umberto Eco machten das 1885 eröffnete „Les Deux Magots“ in Saint-Germain-des-Prés zur Legende. Vor allem in den 1930er- und 1950er-Jahren nahm die geistige Elite ihrer Zeit auf den roten Polsterbänken oder in Korbstühlen vor dem Haus Platz – noch immer ist diese Pariser Kult-Bar ein wunderbarer Ort, um das Geschehen zu betrachten.

Seit 1885 eine Institution: „Les Deux Magots“ in Frankreichs Hauptstadt Quelle: picture alliance /Photo12 Anzeige Anzeige

Die Geschichte als glamouröser Künstler- und Literatentreff ist weiterhin präsent: Es wird nicht nur Pastis und Rosé ausgeschenkt, sondern mit dem Prix des Deux Magots auch ein hauseigener Literaturpreis ausgelobt, seit 1933 schon. Preisträger 2023 ist der Autor Guy Bole, ein ehemaliger Feuerschlucker.

Schade bloß, dass die holzgeschnitzten Figuren der zwei Händler (Magots), die dem Café den Namen gaben und die auf Sockeln über den Gästen thronen, ihre Beobachtungen über die Boheme für sich behalten. Ein Besuch in dieser elitären Welt ist freilich nicht günstig: Ein Hühnchen-Sandwich kostet 25 Euro, ein Espresso fünf Euro.

„Les Deux Magots“,6 Place SaintGermain-des-Prés, 6. Arrondissement von Paris, lesdeuxmagots.fr

Belfast: Zur Beichte in den Pub

Fein gemusterte Fliesen, korinthische Säulen, Gaslampen und dazu die legendären Snugs – das sind mit italienischem Schnitzwerk getäfelte Nischen, hinter deren diskreten Holztüren sich nötigenfalls auch eine Beichte abnehmen ließe. Kein Zweifel: „The Crown Liquor Saloon“ im nordirischen Belfast ist eine Klasse für sich. Das viktorianische Juwel wurde 1826 erbaut. 1947 setzte der britische Regisseur Carol Reed ihm mit dem Film „Ausgestoßen“ („Odd Man Out“) ein Denkmal.

Viktorianisches Juwel in Nordirland: „The Crown Liquor Saloon“ Quelle: Getty Images

Während der Troubles, also des bewaffneten Nordirlandkonflikts, musste der Pub zahlreiche Bombenanschläge auf das gegenüberliegende „Hotel Europa“ mit ansehen, bisweilen barsten dabei auch die Bleiglasfenster von „The Crown“. In der Krimiserie „Der katholische Bulle“ des nordirischen Bestseller-Autors Adrian McKinty kommt der Pub als Lieblingskneipe des Protagonisten Sean Duffy zu literarischem Ruhm – in „Die verlorenen Schwestern“ trifft er sich dort mit einem Verdächtigen, begleitet von mehreren Pints Guinness.

Wer kein Bier mag: „The Crown“ feiert sich auch als Gin-Palast und bietet eine formidable Auswahl.

„The Crown Liquor Saloon“, 46 Great Victoria Street, Belfast, nicholsonspubs.co.uk

Nantes: Austern in der Grille

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Als „La Cigale“, zu Deutsch „Die Grille“, 1895 in Nantes eröffnete, zog sie gleichermaßen die Direktoren der damals erfolgreichen Werftindustrie an wie auch die Sänger und Balletttänzerinnen aus dem gegenüberliegenden Opernhaus Théâtre Graslin. Die zwischen Historismus und Jugendstil angesiedelte Brasserie bot und bietet ein überwältigendes Interieur: Bunte Fliesen, viele Gemälde und üppiger Stuck zieren die hohen Räume der Tränke.

Nordfrankreichs schönste Brasserie: „La Cigale“ Quelle: mauritius images/Martin Thomas Photography/Alamy Stock Photos

Seit 1964 wird der Bau als historisches Monument geschützt (was eine demütigende Episode der Grille als Schnellrestaurant in den 1970er-Jahren nicht zu verhindern vermochte). Heute ist „La Cigale“ zum Glück wieder eine elegante Brasserie und der schönste Ort im Westen Frankreichs zum Champagner schlürfen – allein 30 Posten stehen auf der Karte, natürlich auch Biere, Weine, Calvados und Armagnac. Und als besonderes Schmankerl können Genießer eine Degustationsplatte mit einem Dutzend verschiedener französischer Atlantikaustern bestellen.

„La Cigale“, 4 Place Graslin, Nantes, lacigale.com

Madrid: Cocktails und Art déco

Obwohl sich die Verhältnisse in Spanien damals zum Bürgerkrieg zuzuspitzen begannen, eröffnete Perico Chicote 1931 im Herzen Madrids die erste Cocktail-Bar im Land: das „Museo Chicote“. Für das progressive Art-déco-Design zeichnete Architekt Luis Gutierrez Soto verantwortlich. Fortan mixte Chicote hier Cocktails, die ihn schließlich zur Legende machten. Er starb 1977.

Mal schüttelt er, mal rührt er: Barkeeper im „Museo Chicote“ Quelle: Getty Images

Erfreulicherweise haben Bar und Interieur bis heute nahezu unverändert überdauert. Hier kann man noch auf dem Sofa Platz nehmen, auf dem einst Filmdiva Ava Gardner an ihrem Drink genippt hat. Schon in frühen Tagen hatte die Bar viel amerikanisches Publikum begeistert, darunter trinkfreudige Reisende wie Ernest Hemingway und Frank Sinatra, aber auch Grace Kelly und Bette Davis.

Verheißungsvoll leuchtend: Ein Cocktail wartet auf den Gast Quelle: Getty Images

Schwarz-Weiß-Fotos an den Wänden, denen die Bar ihren namensgebenden musealen Charakter verdankt, bewahren diese Erinnerungen und sind ein dezenter Hinweis darauf, dass seit Eröffnung neun Jahrzehnte vergangen sind. Noch immer ist die denkmalgeschützte Bar eine der besten Adressen im Stadtzentrum für gute Musik und wirksame Cocktails, darunter der Klassiker „Chicote“ aus Wermut, Gin und Curaçao-Orange. Diesem Drink wird magische Kraft zugeschrieben; er soll sogar Schluckauf kurieren.

„Museo Chicote“, Gran Via 12, Madrid, museochicote.com

Wien: Nicht auf die Größe kommt es an

Im Jahr 1908 schwangen zum ersten Mal die Türen dieses Juwels auf, das Architekt Adolf Loos nach längerem Amerika-Aufenthalt im Stil der Moderne mitten im k.u.k. Wien geschaffen hatte. Zu Ruhm gelangte die Cocktail-Bar, eines von Loos’ Meisterwerken, anfangs schlicht als „American Bar“, der „Loos“ kam als Namensbestandteil später hinzu.

Schmuckstück der Moderne aus Kaisers Zeiten: „Loos American Bar“ Quelle: Getty Images Anzeige Anzeige

Vom Marmorboden in grün-weißem Schachbrettmuster über die Kassettendecken aus Marmor bis zu den verspiegelten Wänden, dem Glasmosaik mit der amerikanischen Flagge und der leuchtenden Onyx-Wand über dem Eingang ist hier alles grandios – und lässt die kleinste Bar der Stadt größer wirken als sie ist, denn tatsächlich misst sie nur 27 Quadratmeter.

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Doch wahre Größe lässt sich bekanntlich nicht in Zahlen messen; schon Loos fand, dass die Seele dieser Bar weit über ihren Raum hinausweist. Die Enge ist hier Programm, bei Klassikern wie Martini- und Champagnercocktail kommt man sich sehr nahe.

„Loos American Bar“, Kärntner Durchgang 10, 1. Bezirk in Wien, loosbar.at

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