Karneval: Die „Kölsche Kippa Köpp“ – „Alaaf un Schalom“

Stand: 07:38 Uhr Sessionsauftakt in der Kölner Synagoge: Carlos Levy (Mitte, mit Schal) von den „Kölsche Kippa Köpp“ verfolgt die Ansprache von Christoph Kuckelkorn, Vorsitzender des Kölner Festkomitees (links) Sessionsauftakt in der Kölner Synagoge: Carlos Levy (Mitte, mit Schal) von den „Kölsche Kippa Köpp“ verfolgt die Ansprache von Komiteechef Christoph Kuckelkorn (links) Quelle: Catrin Moritz Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen. Podcast freigeben Die „Kölsche Kippa Köpp“ sind der einzige jüdische Karnevalsverein im Land. Beim Kölner Rosenmontag werden sie erstmals im Zug vertreten sein. In Düsseldorf geht ein „Toleranzwagen“ verschiedener Religionsgemeinschaften an den Start Anzeige Anzeige

In einem Brauhaus am Rhein herrscht kurz nach 12 Uhr bereits beste Karnevalsstimmung. Zur Live-Musik der Band „De Boore“ wird getanzt, geschunkelt und mitgesungen. Im Grunde wie immer, wenn in Köln Karneval gefeiert wird. Dass aber an diesem Sonntag der jüdische Karnevalsverein „Kölsche Kippa Köpp“ zu einer großen Kneipensitzung eingeladen hat, ist noch immer etwas Besonderes. Vergangene Woche fand die erst zweite Kneipensitzung der 2017 gegründeten Gruppierung statt, mit mehr als 300 Besuchern, im Vorjahr waren es nur 200. „Die Stimmung bei den Kippa Köpp ist wundervoll“, sagte Cassia Kürten, eine bekannte Kölner Choreografin und Tänzerin, die länger in Israel gelebt hat. „Hier gibt es so ein schönes karnevalistisches Lebensgefühl, das zu feiern, ist toll.“

Beim Kneipenkarneval am 28. Januar 2024 in der Kölner Altstadt: Moderatorin Julie Voyage, Choreografin Cassia Kürten und der 98-jährige Komponist und Sänger Ludwig Sebus Quelle: Guido M. Hartmann Anzeige

Die „Kölsche Kippa Köpp“ (KKK) sind derzeit wohl der einzige jüdische Karnevalsverein weltweit. Dabei gab es in Köln vor der Nazizeit bereits seit 1922 den Kleinen Kölner Klub, in dem jüdische Karnevalisten zusammenkamen. Doch dessen Geschichte endete 1933 abrupt mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Die drei K im Namen der Kippa Köpp sind auch eine Hommage an die Vorgängerorganisation und ihre vertriebenen und ermordeten Mitglieder, derer der Verein am 26. Januar auf dem Jüdischen Friedhof in Köln-Bocklemünd gedachte.

Der erste Sessionsorden der Kölschen Kippa Köpp erinnert an die jüdische Puppenspielerin Fanny Heineberg, geborene Meyer. Jahrelang spielte sie am Kölner Hänneschen-Theater, bevor sie 1942 mit ihrem Ehemann nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde Quelle: Guido M. Hartmann

In der Kölner Synagoge am Roonplatz war Anfang Januar mit „Falafel & Kölsch“, dem Frühschoppen der Kippa Köpp, die heiße Phase der närrischen Session eingeläutet worden, um 11.11 Uhr marschierte die Kölner Ehrengarde in ihren grün-gelben Uniformen in den Gemeindesaal ein. Danach betonte Christoph Kuckelkorn, der Präsident der Festkomitees, dass der noch junge Verein längst zur Familie des Kölner Karnevals gehöre. „Karneval bietet Gemeinschaft, und ein Teil dieser festen Gemeinschaft sind die Kippa Köpp.“

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Nur wenige Meter von ihm entfernt hingen während des Frühschoppens die Bilder der am 7. Oktober von der Hamas entführten Israelis. Wenn man die Vermissten sehe, stelle sich die Frage, ob Karneval gefeiert werden dürfe: „Wir müssen das. Es ist eine Pflicht!“, sagte Kuckelkorn. Denn der Karneval habe auch eine seelenheilende Wirkung.

Demo gegen die AfD

Der Karneval hat aber auch eine gesellschaftliche Bedeutung: Kölner Karnevalisten demonstrierten 2017 gegen den AfD-Bundesparteitag in Köln und vor zwei Jahren gegen den russischen Überfall auf die Ukraine. „Das Gespenst, das wir eigentlich besiegt gesehen haben, ist wieder zurück in unserer Zeit, und das macht mir richtig Angst“, sagte Kuckelkorn in der Synagoge zu Aaron Knappstein, dem Präsidenten der Kippa Köpp. Doch bei aller Sorge waren auch Spaß und Zusammenhalt im Saal zu spüren. Als Georg Haumann, Präsident der Ehrengarde, den Besuchern versicherte: „Wir stehen zusammen, durch und durch“, spielte die Kapelle den Hit der Karnevalsband „Höhner“ an: „Echte Fründe ston zesamme.“ Auf der Bühne wurde getanzt, der Saal feierte, das Kölsch-Bier floss. Da war es wieder zu spüren, das besondere Köln-Gefühl, das immer da ist, wenn die Menschen dieser Stadt ganz bei sich sind.

Beim karnevalistischen Frühschoppen in der Synagoge an der Roonstraße war auch die Kölner Ehrengarde samt Tanzmariechen dabei Quelle: Catrin Moritz

„Wir wissen, dass Jüdinnen und Juden schon immer ihre Feste feiern konnten, zu denen auch der Karneval gehört“, sagte Knappstein. In der Synagoge erinnerte er aber auch an den Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober. Man dürfe „nicht vergessen, was passiert und passiert ist“, sagte Knappstein, der Mitglied der liberalen jüdischen Gemeinde in Köln ist. Rund 50 Mitglieder haben die Kippa Köpp, hinzu kommen etwa 20 Hospitanten, die sich erst einmal umschauen wollen und noch einmal 120 Förderer, etwa aus Berlin, München, Israel und den USA. Nicht alle Mitglieder, sagt Pressesprecher Lorenz Beckhardt, seien Juden oder Kölner: „Nur unter den Aktiven sind die Juden in der Mehrzahl. Aber längst nicht alle kommen aus Köln. Wir haben auch Mitglieder aus Bonn und Düsseldorf.“

Aaron Knappstein, Präsident der Kölsche Kippa Köpp, beim Frühschoppen des Karnevalsvereins im Gemeindesaal der Kölner Synagoge an der Roonstraße Quelle: Catrin Moritz Anzeige

Im Kölner Karneval sind mehr als 140 Vereine Mitglied des Festkomitees, das die närrische Zeit und ihre Riten in der Domstadt dominiert. Diese Vereine laufen auch im Rosenmontagszug mit, der jedes Jahr etwa 1,5 Millionen Besucher anzieht. So weit sind die Kippa Köpp noch nicht. „Wir wurden“, sagt Lorenz Beckhardt, „2022 als hospitierender Verein in das Festkomitee aufgenommen.“ Nach elf Jahren werde der Verein dann zu einer ordentlichen Gesellschaft und könne im Rosenmontagszug mitlaufen. Am kommenden Rosenmontag wird Aaron Knappstein aber auf Einladung von Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit ihr zusammen auf einem Wagen mitfahren, wohl auch als Geste nach den Terroranschlägen des 7. Oktober in Israel. Alle anderen Kippa Köpp sind am Zugweg oder in anderen Karnevalsgesellschaften in Köln dabei.

In Düsseldorf wurde am 1. Februar der „Toleranzwagen“ vorgestellt, der beim Rosenmontagszug mitfahren soll Quelle: Sabine Polster

In Düsseldorf soll nach dreijähriger Pause erneut ein „Toleranzwagen“ der großen Religionsgemeinschaften im Rosenmontagszug mitfahren. Neben der jüdischen Gemeinde der Landeshauptstadt wollen sich die katholische und evangelische Kirche sowie der Kreis der Düsseldorfer Muslime beteiligen.

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„Ich bin mit der Entwicklung der Kippa Köpp zufrieden“, sagt Gründungsmitglied und Ehrenpräsident Carlos Levy. Er wurde in Argentinien geboren, wohin seine aus dem Saarland stammenden Eltern vor den Nazis geflüchtet waren. Als er sieben Jahre alt war, zog die Familie nach Köln, und Levy wuchs in den Karneval hinein. Er erinnert sich aber auch daran, wie die Synagoge 1959 mit Hakenkreuzen beschmiert wurde. „Für mich war Antisemitismus nichts Neues. Auch in meinem Kindergarten in Buenos Aires ist so etwas passiert“, erinnert sich Levy. Seine beiden Söhne sind ebenfalls bei den Kippa Köpp engagiert, zugleich aber auch Mitglied bei den Blauen Funken, einem der traditionsreichsten Kölner Karnevalsvereine.

Appell gegen Rassimus

Die meisten Mitglieder der Kippa Köpp waren vergangenen Sonntag bei der Kneipensitzung dabei, zudem viele auswärtige Gäste, etwa aus Duisburg und Paderborn. Von Freitagabend bis Samstagabend sei es für Juden wegen der Sabbatgebote schwierig, Karneval zu feiern, sagte Vorstandsmitglied Volker Scholz-Goldenberg. „Deshalb bot sich der Sonntag für unsere Kneipensitzung an.“ Auf der Bühne begrüßte Scholz-Goldenberg nach der Band „De Boore“ die Kölner Karnevalslegende Ludwig Sebus. Der wurde nach einem umjubelten Gesangsauftritt nachdenklich. „Es liegt mir sehr am Herzen, dass Köln immer demokratisch bleibt“, sagte der 98-jährige Komponist. „Und dass man vor allen Dingen immer weiß, dass Rassismus für Menschenfeindlichkeit steht.“

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