Stand: 07:07 Uhr
Auf einer Internetseite von Lottoland wird der Besucher mit der Überschrift „Welcome to the land of happiness“ begrüßt. Das Foto dazu zeigt einen zufriedenen Senioren, der auf einem Schwimmreifen in türkisblauem Meer dahintreibt. Es könnte sich gut um einen Küstenabschnitt bei Gibraltar handeln, denn dort wurde Lottoland 2013 gegründet. Seit Jahren drängt der Vermittler auf den deutschen Glücksspielmarkt, lange innerhalb einer Grauzone.
Seit dem 19. März aber ist die Lottoland Deutschland auf der „White List“, einem Überblick der erlaubten Anbieter, der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) zu finden – nachdem die Behörde noch im Oktober 2022 Internet-Provider zur Sperrung der Seiten der Lottoland-Gruppe aufgefordert hatte.
Mit dem Einzug auf die White List kann Lottoland in Deutschland legal Geschäfte betreiben – zumindest vorerst. Dass Lottoland im März durch die GGL lizenziert und damit in Deutschland legalisiert ist, verwundert insbesondere die größte staatliche Lotteriegesellschaft, nämlich WestLotto in Münster. „Die Geschäfte, die die Lottoland Ltd. aus dem Ausland betreibt, sind in Deutschland weiterhin nicht zulässig und auch nicht genehmigungsfähig“, sagte ein Sprecher WELT auf Anfrage. Man habe die Glücksspielbehörde mit Sitz in Halle/Sachsen-Anhalt aufgefordert, „dass dieses illegale Spielangebot nicht weiter stattfindet“. Bei WestLotto und bei anderen Anbietern wird kritisch gesehen, dass die Lottoland Holdings Ltd. seit gut 15 Jahren die hiesigen Produkte kopiert, ohne jedoch in Deutschland Steuern oder Abgaben zu zahlen. So hat Lottoland offenbar große Jackpots angeboten und das Risiko eines Hauptgewinns in Phasen der Niedrigzinsen an Versicherungen ausgelagert. Das muss die Firma wohl auch, denn sie bietet in Wirklichkeit nicht das hierzulande bekannte Lotto-Spiel an, sondern lediglich eine Wette auf diese Ereignisse.
Putzhilfe gewann 90 Millionen Euro
Bundesweit bekannt wurde ein Fall im Jahr 2018, als in Berlin eine Putzhilfe 90 Millionen Euro bei Lottoland gewann. Bis sie aber zumindest an einen Teil des Geldes kam, musste sie geheime Verträge in Gibraltar unterschreiben, Details wurden nicht bekannt.
Thomas Dünchheim kennt diesen Fall, der Düsseldorfer Anwalt ist Experte auf dem Gebiet des Glücksspiels. Der promovierte Jurist und Honorarprofessor an der European Business School in Wiesbaden hat vor einigen Jahren den Begriff der „schwarzen Lotteriewette“ für nicht genehmigte Angebote aus dem Ausland geprägt. „Solche Produkte sind unzulässig“, sagt Dünchheim, der früher im rheinischen Monheim der damals jüngste Bürgermeister von NRW war. Neben der öffentlich-rechtlichen Dimension des Glücksspiels gehe es hier auch um eine zivilrechtliche Dimension. Denn einerseits wüssten Gewinner bei dubiosen Anbietern nicht, ob sie ihren Gewinn auch wirklich einfordern könnten. Zudem könnten leer ausgegangene „Tipper“ ihre Einsätze auch zurückfordern, wenn die Spielverträge nicht gewesen sein sollten. „Hier könnte es sogar Massenklagen betroffener Spieler geben“, sagt der Partner der weltweit tätigen Kanzlei Hogan Lovells. Hinzu kämen auch noch eine strafrechtliche Dimension (wegen ungenehmigten Glücksspiels), eine lauterkeitsrechtliche Dimension wegen möglicher Wettbewerberklagen und schließlich eine steuerrechtliche Dimension. Hier geht es etwa um die Frage, ob die auf Malta oder in Gibraltar sitzenden Anbieter in Deutschland Mehrwertsteuer zahlen müssen.
Jurist Dünchheim verweist auf einen aktuellen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Thema Sportwetten. Demnach können zahlreiche Menschen, die in früheren Jahren bei Sportwetten im Internet Verluste gemacht haben, auf Rückerstattung hoffen. Der BGH hat sich in einem Fall, den er im Mai verhandeln will, bereits deutlich auf die Seite der Spieler gestellt. Der Anbieter habe nach vorläufiger Einschätzung gegen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags in seiner Fassung von 2012 verstoßen.
Bei staatlichen Anbietern wie Westlotto, die einen Teil ihrer Gewinne für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stellen müssen, hält man sich abseits der Proteste bei der GGL bislang zurück. Wahrscheinlich aber dürften sich demnächst Lottovermittler, wie etwa Faber Lotto-Service aus Bochum, mit Klagen gegen den Markteintritt von Lottoland und anderen Playern wehren. Das hält auch Anwalt Dünchheim für wahrscheinlich. Der neuen Glücksspielbehörde möchte der Jurist wegen der Genehmigung für Lottoland Deutschland keine schlechten Absichten unterstellen. „Die GGL hat aber wohl nicht tief genug gegraben, bevor sie Lottoland auf ihre White List gesetzt hat.“
Neue Behörde will umstrittenen Anbieter im Auge behalten
Dünchheim hält die Genehmigung der Glückspielbehörde für eindeutig angreifbar. Im Grunde habe die neu gegründete GGL eine ähnlich zentrale Aufgabe wie die deutlich größere Bundesnetzagentur, die sich um die Bereiche Telekommunikation und Netzentgelte sowie Gas- und Strompreise kümmert. „Die GGL muss den Dingen stärker auf den Grund gehen und schauen, wer die Strippenzieher und Puppenspieler bei Lottoland und auch anderen sind“, so der Düsseldorfer Anwalt gegenüber WELT.
Vonseiten der GGL hieß es dazu auf Anfrage, man habe bei der Prüfung des Antrags „keine gerichtsfesten Nachweise“ festgestellt, wonach die Lottoland Deutschland GmbH und die Lottoland-Holdings Ltd. in unrechtmäßiger Weise wirtschaftlich verbunden seien. Man werde aber im Rahmen der Aufsicht eine etwaige Verbundenheit „fortwährend“ prüfen, so eine GGL-Sprecherin.
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