NRW-Wirtschaftsverbände: Zu Beginn des Jahres sind die Aussichten eher trübe

Stand: 07:26 Uhr Roheisenprobe beim Abstich am Hochofen bei Thyssenkrupp Steel in Duisburg Roheisenprobe beim Abstich am Hochofen bei Thyssenkrupp Steel in Duisburg Quelle: picture alliance / Rupert Oberhäuser Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen. Podcast freigeben Nach einem herausfordernden Jahr 2023 sieht die NRW-Wirtschaft keine Zeit zum Durchatmen. Die Messlatte für 2024 liege hoch, sagen die Chefs der großen Verbände. Wirtschaftsministerin Mona Neubaur von den Grünen gibt sich unterdessen optimistisch. Anzeige Anzeige

Nach Ende der Weihnachtferien hat die erste normale Arbeitswoche mit Bauernprotesten und einer erneuten Insolvenz der Essener Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof turbulent begonnen. Doch auch über diese Ereignisse hinaus blickt man in der NRW-Wirtschaft sorgenvoll in das Jahr 2024. „Es herrscht große Unsicherheit“, sagt Ralf Stoffels, Präsident von IHK NRW, der Arbeitsgemeinschaft der 16 Industrie- und Handelskammern in Nordrhein-Westfalen. Die Industrie an Rhein, Ruhr und Wupper sei eh schon länger in der Krise. Und nun kämen weitere Nackenschläge dazu, so der geschäftsführender Gesellschafter der BIW Isolierstoffe GmbH mit Sitz in Ennepetal im südlichen Ruhrgebiet.

Unternehmer Ralf Stoffels ist Chef des Dachverbandes IHK NRW Quelle: IHK NRW, Düsseldorf Anzeige

Was Stoffels und weitere Verbandschefs derzeit zusätzlich in Unruhe versetzt, ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023, das den zweiten Nachtragshaushalt 2021 für verfassungswidrig erklärt hatte. In dessen Folge hatte Berlin umfassende Sparmaßnahmen verkündet, die unter anderem die Landwirte aufgebracht haben. NRW befinde sich in der Rezession, so Stoffels, und das inmitten des größten Transformationsprozesses in Richtung Klimaneutralität. Mit der nun entstandenen Haushaltsnotlage auf Bundesebene stünden auch bereits erteilte Förderzusagen auf der Kippe.

Vor allem energieintensive Betriebe wie Gießereien oder die Chemieindustrie seien durch den internationalen Wettbewerb massiv unter Druck, viele Produkte könnten anderswo kostengünstiger hergestellt werden. NRW drohe der Abbau von Produktionslinien – und vieler Jobs –, die für Deutschland und NRW wichtig seien; diese Produkte müssten sonst aus anderen Ländern importiert werden. „Gerade die letzten Jahre haben gezeigt, wie hoch die Abhängigkeiten von Lieferketten in der Zwischenzeit ist – von Medikamenten bis zur Chip-Industrie. Wir können keinen weiteren Abbau von Produktion im Land hinnehmen. Im Gegenteil.“

In den NRW-Unternehmen wird nur unterdurchschnittlich investiert

Anzeige

Schlecht ist die Stimmung auch in der mittelständisch geprägten Metall- und Elektroindustrie. Sowohl die derzeitige Wirtschaftslage als auch die Erwartungen für die nächsten Monate werden in einer aktuellen Konjunkturumfrage des Verbandes Metall NRW mit großer Mehrheit pessimistisch eingeschätzt; 382 Betriebe mit mehr als 115.000 Beschäftigten hatten sich beteiligt. Verbandspräsident Arndt G. Kirchhoff nennt die Ergebnisse der Umfrage „mehr als ernüchternd“. Sie seien nicht nur Ausdruck der größtenteils hausgemachten strukturellen Krise des Industriestandorts Deutschland. Immer sichtbarer werde auch, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Landes auf dem Spiel stehe, so Kirchhoff.

Arndt G. Kirchhoff ist Mitinhaber der Gruppe Kirchhoff Automotive mit Sitz im westfälischen Attendorn Quelle: Kirchhoff Automotive Attendorn

„Wenn jetzt nicht Wirtschaft und Arbeit klare Vorfahrt erhalten, wird unser Wohlstand massiv gefährdet“, warnt der Fabrikant, der zugleich Präsident des Dachverbandes Unternehmer.NRW mit rund 80.000 Mitgliedsfirmen und drei Millionen Beschäftigten ist. Jetzt müsse die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt, eine bezahlbare Energieversorgung gesichert und die Voraussetzungen für die Bewältigung der klimaneutralen Transformation geschaffen werden müssten. „Hier ist die Politik gefordert“, sagte Kirchhoff gegenüber WELT AM SONNTAG.

ANZEIGE Immobilie bewerten: Kölner Experten beraten Sie

Wie auch IHK-Vertreter Stoffels bereitet Kirchhoff der Einbruch der Investitionstätigkeit im bedeutendsten Industriezweig des Landes Sorge. „Wenn 42 Prozent unserer Unternehmen ihre Investitionstätigkeit im Inland weiter drosseln wollen, dann muss das die Politik jetzt aufrütteln“, so Kirchhoff.

Anzeige

Schon zum Jahreswechsel 2022/23 sei die inländische Investitionsbilanz im Minus gewesen. Sollte sich dieser Trend verfestigen, sei dies ein trauriges Vorzeichen für die schleichende De-Industrialisierung im Land. Auch sei die Substanz vieler Betriebe durch die Corona-Zeit und die lange Rezessionsphase angegriffen. Ohnedies belasteten die gestiegenen Zinsen die Finanzierungskosten von Investitionen. Angesichts der skeptischen Ertragserwartungen bei fast der Hälfte der Betriebe habe er große Sorgen, dass viele die Mittel für die klimaneutrale Transformation nicht würden aufbringen können.

Vor diesem Hintergrund appelliert Kirchhoff an die Landesregierung, sich weiter mit aller Kraft im Bundesrat für die Belange der NRW-Industrie einzusetzen. „Es geht jetzt um sehr viel für unser Land.“ NRW brauche wieder deutlich mehr Schwung, in der Energiepolitik müsse das Land nun schnell eine neue Versorgungsstrategie vorlegen.

Bei Kirchhoff Automotive in Attendorn werden unter anderem Teile für die Automobilbranche gefertigt Quelle: Kirchhoff Automotive Attendorn

Das für 2030 geplante Ende der Braunkohle-Verstromung in NRW sieht Kirchhoff skeptisch. „Wo sind die Gaskraftwerke, die wir zwingend brauchen, damit wir bei Dunkelflaute Strom bekommen?“ Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) habe in der Vergangenheit von bundesweit 40 bis 60 Gaskraftwerken gesprochen, die noch in 2023 genehmigt werden sollte. Doch passiert sei hier leider noch nichts. „Selbst wenn diese Kraftwerke im Laufe dieses Jahres zügig genehmigt werden sollten, wird das für den Ausgleich eines Kohleausstiegs 2030 immer noch sehr sportlich.“

Anzeige Anzeige

Beim wichtigen Thema Wasserstoffwirtschaft sehen sowohl Kirchhoff als auch Stoffels eine Reihe von Schwierigkeiten durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimatransformationsfonds (KTF). Viele Vorhaben aus dem KTF in NRW, die für die Wasserstoffwirtschaft wichtig sind, seien seit mehreren Jahren vorbereitet worden. Mit dem Urteil aus Karlsruhe seien diese Planungen gestoppt worden und müssten nun neu anlaufen. Immerhin: „Für Thyssenkrupp als Leuchtturmprojekt stehen die Zusagen“, freut sich Stoffels. Der Essener Konzern möchte seine Hochöfen in Duisburg auf den klimafreundlichen Betrieb mit Wasserstoff umbauen und hat dazu bereits die notwendigen Förderbescheide erhalten, andere Unternehmen bangen noch.

Höherer Co2-Preis belastet sowohl Firmen wie auch private Haushalte

Dass der CO2-Preis stärker angehoben wird als bislang geplant, belastet seit Jahresbeginn alle Verbraucher zusätzlich, aber auch die Logistikbranche. Dort schätzt man, dass der Straßengüterverkehr 2024 allein mit der vorgesehenen Anhebung des CO2-Steuersatzes um vier Cent pro Liter um weitere 800 Millionen Euro jährlich belastet wird. Ein Anreiz zum Umstieg auf die E-Mobilität folge daraus aber leider nicht, solange die Strompreise weiter steigen würden, so Stoffels und Kirchhoff.

Doch es gibt auch ein paar Lichtblicke. Die grundsätzliche Einigung auf einen Bundeshaushalt für 2024 schaffe zumindest etwas mehr Klarheit, sagt IHK-Mann Ralf Stoffels. „Auch dass Finanzminister Christian Lindner am Strompreispakt festhält, ist zunächst positiv zu bewerten.“ Kritisch sei aber wiederum die Einigung zu den Netzentgelten, wodurch die Strompreise geschätzt um bis zu 20 Prozent steigen würden. Und dabei, ergänzt Arndt G. Kirchhoff, gingen weite Teile des energieintensiven Mittelstands nahezu leer aus und müssten die erhöhten Netzentgelte auch noch zusätzlich verkraften.

Wirtschaftsministerin setzt auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien

Für NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur muss 2024 „ein Jahr des Wandels und auch des Handelns werden“. Die Löhne würden steigen, und die Zentralbanken bekämen die Inflation besser in den Griff, so die Prognose der Grünen-Politikerin gegenüber WELT AM SONNTAG. „Wenn die Zinsen nicht weiter steigen und wir Planungssicherheit schaffen, lösen sich Investitionsbremsen.“ NRW leiste „mit einem beherzten Ausbau der Erneuerbaren Energien wichtige Beiträge für sinkende Energiekosten“, so Neubaur. Mehr Personal und digitale Verfahren würden zudem helfen, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. „Vor uns liegt noch viel Arbeit, aber wir gehen weiter beherzt voran“, sagt die Vize-Regierungschefin. „Daher bin ich optimistisch für 2024.“

An dieser Stelle finden Sie Inhalte von Drittanbietern Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen. Drittanbieter freigeben

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *