Stadtverwaltung Köln: Im Rathaus werden die Fachleute knapp, 2025 wird ein neuer OB gewählt

Stand: 07:53 Uhr Köln Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit Amtskette im Hansasaal des Rathauses Köln Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit Amtskette im Hansasaal des Rathauses Quelle: picture alliance/dpa In Köln will Oberbürgermeisterin Henriette Reker 2025 nicht noch einmal antreten, in der Verwaltung werden offenbar bereits die Fachleute knapp. Dabei hat die Millionenstadt viele Probleme, die rasch gelöst werden müssen. Anzeige Anzeige

Sie ist nicht irgendeine NRW-Stadt, die Metropole am Rhein. Für Nathanael Liminski, den Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei ist Köln „ein Aushängeschild des Landes und dank großer Sender wie dem WDR und RTL die Medienhauptstadt“. Aber Köln habe auch zahlreiche Probleme in Bereichen wie Verkehr, Wohnungsmarkt und Wirtschaft, die angegangen werden müssen, räumt der CDU-Mann ein.

Anzeige

Mehr als eine Million Menschen leben in Köln, der Dom ist mit 4,3 Millionen Besuchern im Jahr die beliebteste Sehenswürdigkeit Deutschlands. Die Stadt gilt als tolerant und weltoffen, ihre Bewohner als lässiges Völkchen, das sich so schnell durch nichts aus der Ruhe bringen lässt. Doch Köln ist auch NRWs Skandal-Hochburg : Der Versuch, die 1957 eröffnete Oper zu renovieren, geht nun schon ins zwölfte Jahr, das Projekt wird mehr als eine Milliarde Euro kosten. In einem ADAC-Mobilitätsranking aus dem Vorjahr liegt Köln bei 15 untersuchten Städten auf dem vorletzten Platz – nur in Duisburg ist man noch weniger mobil. Und für das im Jahr 1998 bezogene Technische Rathaus in Deutz wird die Stadt nach Einschätzung ihres eigenen Rechnungsprüfungsamtes bis zum Ende des Mietvertrags 2029 eine überhöhte Miete von 557 Millionen Euro gezahlt haben.

Wahlsieg nach Attentat

Dabei war vor neun Jahren eine Politikerin angetreten, um alles anders und besser zu machen: Als Henriette Reker am 18. Oktober 2015 zur Oberbürgermeisterin gewählt wurde, schauten die Menschen in ganz Deutschland nach Köln. Auch aus einem traurigen Grund, denn nur einen Tag zuvor war Reker, damals noch als Sozialdezernentin für die Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt zuständig, von einem Rechtsradikalen niedergestochen worden. Den Anschlag überlebte die Politikerin nur knapp. Als ihr Wahlsieg über den Sozialdemokraten Jochen Ott feststand, lag sie im Universitätsklinikum im künstlichen Koma. Die parteilose Reker war die gemeinsame Kandidatin von CDU, Grünen und FDP. Die drei Parteien hatten sich mit der Dezernentin zusammengetan, um zu verhindern, dass erneut ein Sozialdemokrat an die Spitze der Stadt gelangen könnte.

Anzeige

Reker stellte sich als ungebundene Verwaltungsexpertin dar, die einen „tiefgreifenden Wandel in Köln“ umsetzen wollte. Mit mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung sollte das durch zahlreiche Skandale erschütterte Vertrauen der Kölner wiedergewonnen werden. Doch die hohen Erwartungen wurden enttäuscht: Während 2020 in Städten wie Essen oder Bochum die amtierenden Oberbürgermeister im ersten Wahlgang im Amt bestätigt wurden, musste die Oberbürgermeisterin trotz Unterstützung von Union und Grünen in die Stichwahl. Ob Reker bei der kommenden Wahl 2025 noch einmal antritt, war lange unklar. Auf Anfrage von WELT AM SONNTAG sagte Reker nun, sie plane keine weitere Amtszeit.

Stephan Keller, Oberbürgermeister von Düsseldorf, war früher in Köln Stadtdirektor. Viele Mitarbeiter des Kölner Rathauses sollen ihm nach Düsseldorf gefolgt sein Quelle: picture alliance / NurPhoto

Unterdessen machen sich vor allem die Sozialdemokraten Sorgen um die Verwaltung. Verschiedene Amtsleiterposten sind derzeit nicht besetzt, zahlreiche Mitarbeiter nach Düsseldorf gewechselt, wo der ehemalige Kölner Stadtdirektor Stephan Keller (CDU) 2020 zum Oberbürgermeister gewählt wurde. Die Stadtverwaltung scheine derzeit keine attraktive Arbeitgeberin zu sein, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Joisten. Sowohl beim Anwerben als auch beim Halten kompetenter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebe es Probleme. „Der Fußgängerbeauftragte ist nach kurzer Zeit nach Bonn geflüchtet, andere Fachkräfte versuchen ihr Glück lieber in den Kölner Umlandgemeinden“, bemängelt Joisten. „Hier fehlt es der Stadtspitze nicht nur an Ideen, auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt zu punkten, sondern auch an Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden in der Stadtverwaltung.“

„Köln bleibt attraktiv“

OB Reker sieht das anders: „Die Stadt Köln ist und bleibt eine attraktive Arbeitgeberin“, ließ sie dieser Redaktion mitteilen. Und weiter: „Als Millionenmetropole können wir Fachkräften nicht nur ein weltoffenes, lebenswertes und dynamisches Umfeld bieten, sondern auch eine enorme Bandbreite von rund 700 Berufsbildern. Köln gehört zu den attraktivsten Standorten der Bundesrepublik und hat eine hohe Lebensqualität.“ Dass der lokale Wohnungsmarkt angespannt ist, sei in anderen attraktiven Großstädten nicht anders.

Anzeige

Unterdessen arbeiten die großen Parteien an Zukunftskonzepten und suchen bereits nach geeigneten Spitzenkandidaten. Antreten wird im kommenden Jahr nicht nur ein Kandidat der oppositionellen SPD. Auch CDU und Grüne, die Reker bei ihren bisherigen Kandidaturen unterstützt haben und gemeinsam mit Volt eine Koalition bilden, sind auf der Suche nach geeigneten Anwärtern für das höchste Amt der Stadt. Einfach ist das nicht. Die CDU in der Stadt gilt als zerstritten. Seit Monaten versucht sie einen geeigneten Kandidaten zu finden. In die zuständige Kommission wurde auch Ex-Ministerpräsident Armin Laschet geholt, um bei der Entscheidungsfindung zu helfen. 2015 gehörte er zu den Geburtshelfern der schwarz-grünen Zusammenarbeit und der Unterstützung Rekers. Wann der Name desjenigen feststehen wird, der seinen Hut im kommenden Herbst in den Ring werfen wird, ist ebenso unklar wie bei SPD und Grünen. Bei den Grünen hat sich im Mai vergangenen Jahres eine Findungskommission gebildet und auch die SPD ist noch auf der Suche. Alle Parteien wollen ihr Pulver so lange wie möglich trocken halten.

Jochen Ott, mittlerweile SPD-Fraktionsvorsitzender im NRW-Landtag, unterlag Henriette Reker 2015 in Köln Quelle: picture alliance / SvenSimon

Für Jochen Ott, der 2015 gegen Reker unterlag und heute Fraktionsvorsitzender der SPD im Düsseldorfer Landtag ist, braucht Köln eine Diskussion zwischen den drei demokratischen Parteien über den künftigen Kurs der Stadt. Bei den letzten beiden Wahlen wurde nicht viel über die Probleme Kölns, und wie man sie lösen will, geredet. Da standen Identitätsthemen im Mittelpunkt, zum Beispiel, dass Reker parteilos ist. Vielen war es auch wichtig, einen SPD-Kandidaten zu verhindern, unabhängig davon, was er im Amt machen wollte. Nun sind nach Ansicht vieler die Probleme so groß, dass Köln sich das nicht mehr leisten kann. Fragt man bei den Parteien nach, gibt es genug, über das man streiten kann.

ANZEIGE Immobilie bewerten: Kölner Experten beraten Sie

„Eltern suchen verzweifelt Schulplätze, finden keine verlässlichen Kita-Betreuungsmöglichkeiten und müssen sich deshalb beruflich einschränken“, antwortet der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Joisten auf die Frage nach den größten Problemen Kölns. Autofahrer verzweifelten am täglichen Stau, Radfahren sei in den Außenbezirken wegen schlecht ausgebauter und schmaler Fahrradwege lebensgefährlich, Busse und Bahnen seien unzuverlässig. Joisten: „Bei den Großbauten wie der Oper und den Museen läuft ein Projekt nach dem anderen aus dem Ruder und reißt Milliardenlöcher in den städtischen Haushalt. Das Geld fehlt dann an anderer Stelle, besonders im Bereich des Sozialen.“ Ähnlich sehen es die Grünen: „Es gibt zu wenig bezahlbaren Wohnraum, die Mobilitätswende hat noch nicht genug Fahrt aufgenommen und der Klimawandel ist da. Dazu kommt eine angespannte kommunale Haushaltslage und hoher Investitionsdruck durch die erforderliche sozial-ökologische Transformation.“

Neue Konzepte gesucht

Anzeige Anzeige

Die FDP stellt auf Nachfrage knapp fest: „Köln hat in allen wichtigen Themen großen Aufholbedarf, also in Verkehr, Wirtschaft, Bauen, Bildung und Digitalisierung.“ Für CDU-Chef Karl Alexander Madl ist Verkehr eines der größten Probleme: „Wir müssen für Köln eine neue Mobilität schaffen. Wir müssen es schaffen, ein breites Angebot für alle Verkehrsteilnehmer in der Zukunft zu etablieren. Ideologische und kleinteilige Verkehrsversuche sind gescheitert.“

Andere Christdemokraten ärgert, dass die Kölner Wirtschaft wie gelähmt sei. Eigentlich hoch motiviert, in der Stadt zu investieren, fänden die Unternehmen weder in Reker noch innerhalb der Verwaltung Ansprechpartner für den wirtschaftlichen Aufbruch.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker aber sieht, bei allen Problemen, den Ruf der Domstadt als nicht beschädigt: „Dies unterstreicht auch die ganz aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung von Anfang April 2024, die für Köln bis 2040 als einer der ganz wenigen Städte in Nordrhein-Westfalen ein deutliches Wachstum prognostiziert.“

An dieser Stelle finden Sie Inhalte von Drittanbietern Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen. Drittanbieter freigeben

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *